NonvaleurArgentina – campeón mundial!
Argentiniens Politik ist chronisch «messy» – sonst wäre das Land nicht bloss im Fussball Weltmeister.

Wer Fleischwirtschaft sagt, muss Argentinien sagen. Rinder, Gauchos, Ganaderos (Viehzüchter) sind das Herz der Pampa. Die Industrial Agricola Ganadera La Agraria war eine von vielen landwirtschaftlichen Kapitalgesellschaften; die Aktie hier datiert von 1927, Sitz der Agraria war, wo sonst, in Buenos Aires. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Argentinien Rinder in erster Linie für die Gerbereien gehalten, die aus den Häuten edles Leder herstellten. Die saftigsten Filets gelangten auf die Märkte der Hauptstadt, der Rest blieb als Abfall liegen, den knabberten Aasvögel und anderes Getier. Erst als eine leistungsfähige Kühltechnik erfunden war und sich industriell durchgesetzt hatte, um 1900 also, konnte sich die moderne Fleischwirtschaft herausbilden und ihre Produkte nach Europa (vor allem Grossbritannien) und in die USA verschiffen, nunmehr häufig nach China. Das Land wurde damit quasi fett. Noch vor hundert Jahren war Buenos Aires wohlhabender als Paris oder London und, apropos Rindfleisch, gewiss gefrässiger. Das soll heute noch so sein, dem endlosen Reigen politischer und wirtschaftlicher Krisen, dem unaufhörlichen Turnus von Teuerungsschüben zum Trotz. Die Rede ist von einem Konsum von rund 60 kg (!) Rindfleisch pro Kopf und Jahr; «el veganismo» hat’s schwer am Río de la Plata. Den gut 47 Mio. Argentiniern stehen etwa gleich viele Rinder gegenüber, die im Durchschnitt je komfortable zwei Hektar Weidefläche abgrasen können. Ein Paradies auf Erden (für die Rinder freilich nur bis zum Schlachthof) – wären bloss in der Casa Rosada, dem Präsidentensitz, nicht regelmässig auch Rindviecher und Hornochsen am Werk, perdón, aber es lässt sich kaum feiner formulieren. Argentiniens Politik ist chronisch «messy»; sie bringt es zuwege, ein reiches Land arm zu regieren. Schade, sonst wäre Argentinien längst nicht bloss im Fussball Weltmeister.
«Nonvaleur» basiert auf der Sammlung Schweizer Finanzmuseum der SIX Group. Nummer 173.
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