Bis 2016 war globale Führung ein Markenzeichen amerikanischer Grösse. Die USA standen bei der Gründung und der Unterstützung der Uno, des Internationalen Währungsfonds, der Welthandelsorganisation (WTO) und vieler anderer Organisationen an vorderster Front. Die USA waren insofern aussergewöhnlich, als sie sich trotz ihrer Position am Ende des Zweiten Weltkriegs dafür entschieden, die neue Weltordnung durch Multilateralismus und globale Institutionen zu prägen statt durch Reparationen und Unilateralismus.
Es ist kaum zu fassen, wie sehr die Präsidentschaft Donald Trumps dem globalen Ansehen Amerikas in den vergangenen vier Jahren geschadet hat. Von Anfang an war seine Regierung bestrebt, eine langjährige Politik umzukehren, die von Republikanern und Demokraten gleichermassen betrieben worden war.
Trump zog den Unilateralismus vor, gab die Transpazifische Partnerschaft (TPP) auf und forderte eine Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens, des Freihandelsabkommens zwischen den USA und Korea und anderer Verträge. Er erhob unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit Zölle auf importierten Stahl und Aluminium und verstiess damit gegen den Geist, wenn nicht sogar gegen den Text des internationalen Handelsrechts im Rahmen der WTO. Diese Entscheidungen – und Trumps Verhalten im Allgemeinen – untergruben schnell das Vertrauen, das andere Länder zuvor in die Führung und die «sanfte Macht» der USA gesetzt hatten. Man konnte den USA plötzlich nicht mehr zutrauen, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen würden.
Im Handelskrieg gegen China gescheitert
Der Multilateralismus kann den USA zwar nicht die vollständige Erfüllung ihrer Ziele garantieren, aber er kann sicherlich mehr erreichen als bilaterale Abkommen, wie Trump sie angestrebt hat. Mit 4,25% der Weltbevölkerung und einem Anteil von 15,2% am globalen BIP sind die USA bei weitem nicht gross genug, um dem Rest der Welt ihren Willen aufzuzwingen. Ihr Einfluss wird vielmehr dann am effektivsten genutzt, wenn er im Zusammenspiel mit anderen eingesetzt wird. Nirgendwo trifft dies mehr zu als in der Frage des Handels.
Nehmen wir Trumps Handelskrieg mit China, der seine ursprünglichen Ziele völlig verfehlt hat. Das bilaterale Handelsdefizit mit China ist gewachsen, und die US-Exporte nach China fallen deutlich unter das Zielniveau, das im Phase-1-Abkommen angestrebt wurde, das die beiden Länder im Januar unterzeichnet haben. Fragen wie Rechte an geistigem Eigentum und der elektronische Handel sind nach wie vor ungelöst. Vielleicht noch schlimmer ist, dass die Forderung an China, quantitative Ziele für den Kauf von US-Exporten festzulegen, den Umfang, in dem der chinesische Staat in seine Wirtschaft eingreifen muss, nur noch weiter erhöht hat.
Diese Misserfolge kommen nicht überraschend. Man kann von Zöllen nicht erwarten, dass sie ein bilaterales Handelsdefizit verringern, und bilaterale Massnahmen werden in der Regel ohnehin durch Massnahmen Dritter ausgeglichen. Im Jahr 2019 zum Beispiel stiegen die US-Importe aus Vietnam stark, während die Importe aus China zurückgingen, und es gab viele Beschwerden darüber, dass chinesische Exporte in die USA den Umweg über andere Länder nahmen, um ihre Herkunft zu verschleiern.
Realität zu ignorieren, führt zu Schwierigkeiten
Die Trump-Regierung scheiterte mit ihren Einzelgeschäften aus einem einfachen und offensichtlichen Grund: Wir leben in einer Welt mit vielen Ländern. Zölle und andere diskriminierende Massnahmen, die gegen ein Land erhoben werden, schaffen einfach eine Chance, die von anderen Ländern ergriffen wird.
Diese Realität zu ignorieren, führt zu ernsthaften Schwierigkeiten. So war zum Beispiel eine der ersten Amtshandlungen von Trump, die TPP fallen zu lassen, die eine Freihandelszone zwischen zwölf Ländern des pazifischen Raums geschaffen hätte, und zwar ohne die Teilnahme Chinas. Nach dem Rückzug der USA machten die übrigen elf Länder ohne die USA weiter, wodurch die US-Exporteure auf diesen Märkten deutlich benachteiligt wurden. Nun sind Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland sowie zehn südostasiatische Länder einem neuen Freihandelsblock – der Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft – beigetreten, mit China und ohne die USA.
Die Trump-Regierung hat auch den wichtigen Streitschlichtungsmechanismus der WTO, den Dispute Settlement Mechanism (DSM), wirksam lahmgelegt, indem sie sich weigerte, Kandidaten für den Ersatz scheidender Richter in dem WTO-Berufungsgremium zuzulassen. Beim DSM konnten Länder zuvor Beschwerden über mutmassliche Verletzungen der WTO-Regeln vorbringen. Da der DSM jedoch durch Trumps Unnachgiebigkeit in seiner Beschlussfähigkeit eingeschränkt ist, kann er über solche Fragen nicht entscheiden, was es wahrscheinlicher macht, dass Routinestreitigkeiten in grössere Handelskriege ausarten.
Multilateral ist besser als bilateral
Trump ist jetzt abgewählt, sodass die Priorität nun auf der Rücknahme der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte liegen sollte. Schätzungen zufolge gingen 0,7% der Arbeitsplätze in der US-Fertigung in stahlverarbeitenden Industrien verloren, demgegenüber wurden nur 0,3% Arbeitsplätze in der Stahlproduktion geschaffen. Schlimmer noch, die in der Stahlproduktion gewonnenen Arbeitsplätze kosteten die Verbraucher jeweils etwa 817’000 $. Obwohl die Zölle aus Gründen der nationalen Sicherheit verteidigt wurden, ist die Wahrheit, dass die USA nur etwa 27% ihres Stahls importieren und dass ihre Verteidigungsindustrie weniger als 3% des Stahlverbrauchs ausmacht.
Die Bereinigung dieser politischen Fehler wird notwendig sein, um die Führungsrolle der USA in der Weltwirtschaft wiederherzustellen. Wenn es darum geht, die Chinesen dazu zu bewegen, einige ihrer Praktiken zu ändern, wird die Verfolgung realistischer Ziele durch multilaterale Verhandlungen weitaus wirksamer sein als bilaterale Gespräche. Eine nennenswerte Beschränkung des chinesischen Wirtschaftswachstums ist einfach ein unrealistisches Ziel. Die USA sollten stattdessen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass es im eigenen Interesse Chinas liegt, sich an international vereinbarte Regeln zu halten. Die Funktionsfähigkeit des DSM kann und sollte schnell wiederhergestellt werden.
Darüber hinaus sind viele Beobachter der Meinung, dass die WTO-Regeln geändert werden sollten, sowohl um auf einige US-Beschwerden einzugehen als auch um zu einer Verständigung über neue Themen wie E-Commerce und Cybersicherheit zu gelangen. Hier könnte eine Strategie der USA darin bestehen, die Zölle (auf Stahl, Aluminium und eine beliebige Anzahl von Importen aus China) aufzuheben und gleichzeitig Gespräche zur Behandlung anderer offener Fragen anzustrengen.
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Amerika muss seine Aussenhandelspolitik reparieren
Die Bereinigung von Trumps politischen Fehlern wird notwendig sein, um die Führungsrolle der USA wiederherzustellen, schreibt Anne O. Krueger.