Aufspaltung verschoben
Als sich Agfa Gevaert Ende der Neunzigerjahre aus dem deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer löste und wieder selbständig wurde, prognostizierten viele Analysten dem belgischen Bildtechnologie-Unternehmen eine rosige Zukunft.
Als sich Agfa Gevaert Ende der Neunzigerjahre aus dem deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer löste und wieder selbständig wurde, prognostizierten viele Analysten dem belgischen Bildtechnologie-Unternehmen eine rosige Zukunft. Nach dem Börsengang Mitte 1999 stiegen die zu 22 Euro ausgegebenen Aktien innerhalb eines Jahres auf über 29 Euro. Danach litten Agfa Gevaert nicht nur unter der allgemeinen Börsenbaisse, die bis 2003 dauerte. Das Unternehmen geriet ins Schlingern, Reorganisation folgte auf Reorganisation, Managementwechsel auf Managementwechsel. - Seither unterliegen die Aktien hohen Kursschwankungen. Nach der Publikation des enttäuschenden Zwischenberichts fielen Agfa Gevaert am Dienstag zeitweise mehr als 15% bis auf 15.05 Euro. Bis am Freitagmorgen erholten sie sich auf 16 Euro. - Im zweiten Quartal erlitt das Unternehmen trotz eines fast unveränderten Umsatzes von 845 Mio. Euro einen Gewinnrückgang im operativen Geschäft von 19,2% auf 42 Mio. Euro. Das Betriebsergebnis (Ebitda) fiel 22,6% auf 89 Mio. Euro. Besonders enttäuschend ist für die Anleger, dass die im Frühjahr angekündigte Aufspaltung des Unternehmens in drei Teile mit separaten Kotierungen (vgl. FuW Nr.17 vom 3.März) auf die lange Bank geschoben wird. - «Wenn wir einen oder mehrere Unternehmensteile verkaufen können, sollten wir diese Option prüfen», begründete Agfa-Gevaert-Chef Ludo Verhoeven, der im Juni völlig überraschend Marc Olivié an der Konzernspitze abgelöst hatte, den Kurswechsel. Verhoeven bestätigte, dass mit Interessenten Gespräche geführt werden, nannte aber keine Namen. Wenn überhaupt soll die separate Kotierung der drei Divisionen Agfa Healthcare (Bildsysteme für die Medizintechnik), Agfa Graphics (Druckplatten und -vorlagen) und Agfa Materials (Systeme für die Filmherstellung und Spezialprodukte) frühestens Mitte 2008 stattfinden. - Viele Investmenthäuser haben ihre Empfehlung für den belgischen Technologiewert revidiert. Analyst Dirk Saelens von KBC Securities stufte Agfa Gevaert von «Kaufen» auf «Verkaufen» herab und senkte das Kursziel von 20 auf 15.80 Euro. Bart Joris von Fortis bleibt hingegen «verhalten optimistisch» und hält an der Kaufempfehlung fest. Seiner Meinung nach beträgt der Wert des Unternehmens mehr als 20 Euro pro Aktie. Das Management müsse hart eingreifen, um die Kosten zu senken. «Die steigenden Grundstoffpreise schlagen sich natürlich negativ im Ergebnis nieder.» - Nach dem Kursrückschlag sind Agfa Geveart auf Basis der Gewinnschätzung für das kommende Jahr mit einem moderaten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10 bewertet. Attraktiv ist die Dividendenrendite von voraussichtlich rund 3,4%. Doch die Unsicherheit über die Strategie des neuen Konzernchefs ist gross. Die ursprünglich in diesem Jahr vorgesehene Aufspaltung des belgischen Unternehmens mit der separaten Kotierung der drei Divisionen Agfa Healthcare, Agfa Graphics und Agfa Materials wird nochmals überdacht. Andererseits sorgt die zweite Option, einzelne Unternehmensteile an industrielle Interessenten oder Private-Equity-Gesellschaften zu veräussern, für neue Fantasie. Agfa Gevaert sind ein spekulativer Wert und erfordern Geduld und starke Nerven.Htz