Autoneum ist bereit für mehr
Der Automobilzulieferer erwartet für 2022 im Grunde eine deutliche Steigerung. An Leistungsvermögen fehlt es nicht.

Wenn alles gut geht – und das ist wegen Russlands Angriff auf die Ukraine und der deswegen verhängten Sanktionen keineswegs sicher –, wird Autoneum nächstes Jahr um diese Zeit einen erfreulichen Jahresrückblick präsentieren. 2021 erfüllt diesen Anspruch noch nicht, auch wenn die Prognose für die Marge und den freien Cashflow nach der Gewinnwarnung im Herbst mit der Umsatzmeldung vom 21. Januar wieder leicht angehoben wurde. Das Umfeld war schlicht zu schlecht.
Gut gearbeitet hat der Automobilzulieferer aber sehr wohl. Gemessen an den widrigen Umständen, die operativ eher noch herausforderungsreicher waren als die von 2020, lässt sich das Zahlenwerk sehen.
Zuversichtlicher Ausblick
Der heute mit dem vollständigen Zahlenset präsentierte Jahresausblick berechtigt ebenfalls zu Hoffnung. Russland und die Ukraine sind keine bedeutenden Automobilmärkte, und der Teilemangel in der weltweiten Automobilproduktion aufgrund fehlender Halbleiterchips sollte vor allem in der zweiten Hälfte dieses Jahres abklingen und 2023 allmählich verschwinden.
Mit dem vor Augen strebt das Management für 2022 eine Marge auf Basis des Betriebsgewinns (Ebit) zwischen 4 und 5% und einen freien Cashflow im hohen zweistelligen Millionenbereich an. Dabei wird angenommen, dass der Umsatz in ähnlichem Mass wie die weltweite Automobilproduktion wächst. Diese soll gemäss Prognosen von LMC Automotive und IHS Markit im hohen einstelligen Prozentbereich zunehmen – was entscheidend von der Verfügbarkeit von Halbleitern abhängt.
Die Marktprognosen wurden allerdings noch vor dem russischen Angriff aufgestellt. Die möglichen Auswirkungen auf die Automobilindustrie lassen sich noch nicht abschätzen. Autoneum sagt dasselbe mit Blick auf das eigene Geschäft.
Ein robustes Zahlenwerk wäre nach einer jahrelangen Misere wichtig, als Erfolgserlebnis, aber auch für das Ansehen an der Börse. Die Misere hatte 2018 mit hausgemachten Problemen in Nordamerika begonnen, setzte sich 2019 mit einem enormen Verlust deretwegen fort, mündete 2020 direkt in die Coronakrise und ist 2021 wegen der Angebotsbegrenzung der Automobilindustrie in eine unerwartete Verlängerung gegangen.
Rückkehr zur Dividendenzahlung
So endete das vergangene Jahr für den Anbieter von Lärm- und Hitzeschutzsystemen mit lediglich 1700 Mio. Fr. Umsatz (vgl. Tabelle). Der Ebit dagegen nahm merklich zu und erreichte fast 58 Mio. Fr., unterstützt durch die Auflösung von Sonderwertberichtigungen über 4,8 Mio. Fr. in der Business Group Asia. Die Marge beträgt somit 3,4%, knapp die Hälfte des mittelfristigen Zielwerts. Für den freien Cashflow werden 71 Mio. Fr. ausgewiesen. Der Gewinn übertrifft die Erwartungen, auch ohne den Sondereffekt aus Asien.

Angesichts der niedrigen und wegen des Stop-and-Go im Teileabruf der Automobilkonzerne unsteten Kapazitätsauslastung ist das nicht schlecht. Positiv zu vermerken ist zudem, dass alle vier Business Groups zur Ergebnisverbesserung beigetragen haben, auch North America. Sie kommt in ihrem Turnaround zwar langsam, aber sicher voran. Trotz weniger Umsatz und des damit entgangenen Deckungsbeitrags und trotz gestiegener Rohmaterialkosten hat sie ihren Fehlbetrag weiter verringert.
Nach zwei Jahren Dividendenentzug darf das Aktionariat auch wieder mit einer Ausschüttung rechnen: Vorgeschlagen sind 1.50 Fr. je Titel, vor allem dank des guten freien Cashflows. Dieser liegt zwar unter dem Vorjahresniveau, das durch diverse liquiditätsschonende Kurzzeitmassnahmen geprägt war. Doch 4,2% des Umsatzes sind angesichts der gedrückten Ertragslage respektabel. Mittelfristig sind 6% angestrebt.
Grosse Fragezeichen
Dank dem freien Cashflow ist es Autoneum auch gelungen, die Nettoverschuldung weiter zu senken und das Erstarken der Bilanz fortzusetzen. Noch sind deren Kennzahlen nicht dort, wo sie sein sollten. Die Mittelfristziele implizieren jedoch, dass dies in zwei, drei Jahren mit einer Eigenkapitalquote von mehr als 35% der Fall sein wird.
Alles in allem spricht also einiges für eine erfreuliche Entwicklung im laufenden Jahr. Wenn alles gut geht, liegt eine deutliche Ertragssteigerung drin – die sich in den kommenden Jahren fortsetzen sollte. Die FuW-Schätzung für den Gewinn je Aktie wird auf 9.20 Fr. angepasst; zum Wert von 2021 entspricht das fast einer Verdoppelung.
Über all dem hängt wegen der russischen Aggression jedoch ein grosses Fragezeichen. Auch deshalb nimmt der Aktienkurs von diesem Potenzial noch nicht viel vorweg. Dass er 200 Fr. schaffen kann, bewies er letztmals im Januar, und auch auf diesem Niveau haben die Titel noch Potenzial.
Grundsätzlich hat die Kaufempfehlung deshalb weiter Bestand. Mit Autoneum gehen Investoren generell ein überdurchschnittlich riskantes Engagement ein. Die unsichere Lage verlangt nun noch mehr Risikofähigkeit. Wer über dieses Mass verfügt, kann das nutzen – oder die Situation erst mal weiter beobachten.
Die komplette Historie zu Autoneum finden Sie hier. »
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