Betandwin legen unaufhaltsam zu – 6,6 Mrd. Euro frisches Kapital aufgenommen
Eine Anfang 2005 eingegangene Wette auf den Wiener Leitindex ATX zum Jahresende hätte wahrscheinlich jeder verloren.
Eine Anfang 2005 eingegangene Wette auf den Wiener Leitindex ATX zum Jahresende hätte wahrscheinlich jeder verloren. Kaum jemand hätte die kühne Prognose einer Kursavance von 50,8% auf 3667 gewagt, nachdem das Aktienbarometer 2004 um 57 und im Jahr zuvor 34% geklettert war. Wien zählte somit auch 2005 zu den weltweit besten Börsen. - Betandwin waren der absolute Börsenstar. Die Aktien des Online-Wettanbieters legten sagenhafte 509% zu. Drei Titel haben sich im Wert mehr als verdoppelt: OMV (+123%), Uniqa (+121%) und Wiener Städtische (+105%). Überdurchschnittliche Gewinne verbuchten auch Verbund (+83%), Raiffeisen International (+71%), Andritz (+66%), Intercell (+63%), SBO (+56%), Böhler-Uddeholm (+54%) und EVN (+52%). Auf der Verliererseite standen Wienerberger (–4%), Mayr-Melnhof (–6%), Semperit (–9%) und AUA (–32%). - Kapitalmarkttransaktionen – IPO und Kapitalerhöhungen – erreichten mit 6,6 Mrd. Euro, zwei Drittel mehr als 2004, ebenfalls einen Spitzenwert. Davon entfielen 5 Mrd. Euro auf Kapitalerhöhungen, wobei sich Immobilienaktiengesellschaften mit 3,7 Mrd. Euro den Löwenanteil holten. Industrie- und Finanzunternehmen, allen voran Wiener Städtische, Agrana und Böhler-Uddeholm, nahmen rund 1,4 Mrd. Euro frische Mittel auf. Ein neuer Rekord wurde auch im Segment der Unternehmensanleihen verzeichnet, nämlich vierzig Emissionen im Gesamtvolumen von mehr als 4 Mrd. Euro. - Nach der Flaute im Vorjahr kam immerhin ein halbes Dutzend neuer Unternehmen an die österreichische Börse, darunter die Osteuropabank Raiffeisen International – mit 1,1 Mrd. Euro die grösste Kapitalmarkttransaktion –, Intercell, Sky Europe, Century Casinos und die von BWT abgespalteten Christ Water Technologies. - Für 2006 lautet der Tenor der Börsenauguren, ähnlich wie vor einem Jahr, der ATX werde das Tempo des Vorjahres nicht halten können (vgl. FuW Nr.100 vom 17.Dezember). Die Kurse sollten im Schnitt aber zumindest in der Grössenordnung des erwarteten Gewinnwachstums steigen, also rund 10% – ohne dass sich damit das gegenwärtige KGV für 2006 von rund 13 per saldo erhöhen würde. Alois Wögerbauer, der mit 62% Kursgewinn seines 3 Banken Österreich-Fonds im Vorjahr als bester Manager eines einheimischen Fonds abschnitt, sieht den ATX daher per Jahresende auf rund 4100. Fondsmanager Manfred Zourek, dessen ESPA Stock Vienna mit 57% ebenfalls den Index geschlagen hat, ist optimistischer und rechnet mit Kursgewinnen von 15 bis 20% bis Jahresende, also mit einem Indexstand zwischen 4200 und 4400. - Das Jahr 2006 hat jedenfalls schwungvoll begonnen. Der Leitindex kletterte bis Donnerstag (am Freitag war die Börse zu) auf ein neues Allzeithoch von über 3772. Das ist ein Kursplus von knapp 3% in der ersten Börsenwoche des Jahres. An der Spitze lagen AUA (+13,4% auf 7.45 Euro), Betandwin (+9,9% auf 94.50 Euro), Böhler-Uddeholm (+8,5% auf 155 Euro), Uniqa (+7,8% auf 25.22 Euro) und SBO (+7% auf 26.38 Euro). - Erste Kapitalmarkttransaktionen zeichnen sich bereits ab: Die Erste Bank wird sich demnächst rund 2,4 Mrd. Euro für den Kauf der rumänischen Banca Comerciala Romana (BCR) vom Aktienmarkt holen (vgl. FuW Nr.102 vom 24.Dezember). Wettanbieter Betandwin will rund 200 Mio. Euro aufnehmen, um den Kauf der schwedischen Pokerplattform Ongame E-Solutions teilweise zu finanzieren (vgl. FuW Nr.101 vom 21.Dezember). - Ob die staatliche Holding ÖIAG ihren Anteil von 30,2% (davon 5% über einen Wandler) an Telekom Austria noch vor den für Herbst geplanten Nationalratswahlen verkauft, ist dagegen fraglich – ebenso wie der Börsengang der Post, die bis zu 49% privatisiert werden soll. Für ein allfälliges IPO noch vor dem Sommer müsste die Regierung nämlich demnächst grünes Licht geben. Aus der mittelständischen Wirtschaft des Landes gilt zumindest der oberösterreichische Autozulieferer Polytec schon seit längerem als gut geeignet für die Börse.Eva Maria Benisch, Wien