SMI wieder im Minus gelandet
Zins-und Konjunktursorgen schickten den Schweizer Aktienmarkt am Donnerstag erneut auf Talfahrt.

(AWP/Reuters) Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag sehr schwach geschlossen und seinen fünften Verlusttag in Folge eingefahren. Der Markt ging damit mit deutlichen Abgaben in den September, der ohnehin statistisch als der schwächste Aktienmonat gilt. Es dominieren nach wie vor die Sorgen vor einem anhaltend hohen Zinserhöhungstempo durch die US-Notenbank und eine daraus folgende Rezession. Das belastete auch die Ölpreise.
Die Stimmung wurde laut Händlern von schlechten Konjunkturdaten aus China belastet. Dort ist der Einkaufsmanagerindex der Industrie zuletzt unter die Expansionsschwelle gefallen und eine weitere Grossstadt wurde in den Lockdown geschickt. Gleichzeitig ist die Industriestimmung im Euroraum auf ein Zweijahrestief gefallen. Überraschend gute US-Konjunkturdaten verschärften im Handelsverlauf den Abwärtsdruck, da sie als Zeichen für einen grösseren Spielraum der US-Notenbank für deutliche Zinserhöhungen gewertet wurden.
Der Swiss Market Index (SMI) büsste am Berichtstag 1,76% auf 10’663,44 Punkte ein. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fiel um 2,21% auf 1623,37 und der breite SPI um 1,87% auf 13’742,33 Punkte. 28 der 30 SLI-Werte schlossen im Minus.
Der neuerliche Lockdown in China, diesmal betrifft es die Grossmetropole Chengdu, schickte die beiden Luxusgüter-Titel Swatch Group und Richemont um je 4,5% nach unten. China ist und bleibt eine der wichtigsten Absatzregionen für teure Uhren und Schmuck. «Die Angst vor einem Nachfrageeinbruch wächst», sagte ein Händler. Dazu kamen Abstufungen für beide Aktien durch HSBC.
Die konjunkturellen Krisenzeichen belasteten auch die Papiere des Logistikers Kühne + Nagel, des Stellenvermittlers Adecco, sowie der Bauzulieferer Sika und Geberit. Im Techsektor wurden Temenos nach einer mehrtägigen Erholung wieder verkauft, Ams-Osram büssten ebenfalls deutliche 3,8% ein.
Auch Finanztitel wie Partners Group, Zurich Insurance, Swiss Life, UBS oder Credit Suisse standen unter Druck. Bei der CS konkretisieren sich laut Medienberichten die Pläne für einen Stellenabbau. Von bis zu 5000 Stellen war die Rede, die wegfallen sollen.
Für einmal retteten die defensiven Schwergewichte den hiesigen Aktienmarkt nicht. Immerhin gaben Roche GS, Nestlé und Novartis weniger nach als der Gesamtmarkt. Die Kleinstgruppe der «Nicht-Verlierer» zählten Swisscom mit plus 0,1% und Swiss Re mit unveränderten Kursen.
Im breiten Markt sackten Zur Rose um deutliche 10,9% ab. Die Versandapotheke hat eine Anleihe ausgegeben und eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Überraschend kam die Massnahme zwar nicht unbedingt, die Höhe des Abschlags der Kapitalerhöhung werde aber negativ gewertet.
Grössere Verluste erlitten auch Dormakaba. Der Papiere des Schliesstechnik-Konzerns hatten bereits am Vortag im Anschluss an die Publikation von Zahlen stark unter Druck gestanden. Am Berichtstag kamen weitere kritische Analystenstimmen hinzu.
Einen massiven Kurssprung nach oben verzeichneten dagegen Santhera. Das Biotechunternehmen hat über positive Daten aus einer klinischen Studie mit Vamorolone zur Behandlung von Duchenne-Muskeldystrophie berichtet. Die Zulassungsanträge für das Mittel sollen nun bald abgeschlossen werden.
Papiere von Stadler Rail zogen um 0,6% an. Der Zugbauer veranstaltete einen Investorentag.
Auch US-Börsen bleiben im Abwärtssog
Die Talfahrt an den US-Börsen hat sich auch am Donnerstag fortgesetzt. Die Anleger sind nervös und verunsichert, seit Notenbankchef Jerome Powell am Freitag die Märkte auf eine weiterhin straffe Geldpolitik der Fed im Kampf gegen die Inflation eingestimmt hat. Seither haben Rezessionssorgen die Oberhand. Allerdings: Dauerhaft hohe Preissteigerungen sind noch schädlicher für die Wirtschaft.
Der US-Leitindex Dow Jones Industrial fiel um 0,60% auf 31’321,21 Punkte. Damit steuert das Börsenbarometer auf den fünften Verlusttag in Folge zu. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,80% auf 3923,23 Punkte abwärts. Der technologielastige Nasdaq 100 sank um 1,10% auf 12’137,50 Zähler.
Überraschend gute US-Konjunkturdaten verschärften im Handelsverlauf den Abwärtsdruck, da sie als Zeichen für einen grösseren Spielraum der Fed für deutliche Zinserhöhungen gewertet wurden. So trübte sich die Stimmung in der Industrie im August überraschend nicht weiter ein, wie das Institut for Supply Management mitteilte.
Euro fällt deutlich
Der Euro ist am Donnerstag nach besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten aus den USA kräftig unter Druck geraten. Am Nachmittag fiel der Kurs der Gemeinschaftswährung wieder unter die Parität bis auf 0,9936 $. Unter Parität versteht man das Tauschverhältnis zweier Währungen von eins zu eins. Am Morgen wurde der Euro noch etwa einen halben Cent höher gehandelt.
Auch zum Schweizer Franken büsste der Euro wieder Terrain ein. Am frühen Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 0,9783 Fr. und gab damit die Marke von 98 Rappen wieder preis. Der US-Dollar verteuerte sich derweil auf 0,9848 Fr.
Am Nachmittag haben besser als erwartet ausgefallene Stimmungsdaten aus der US-Wirtschaft dem Dollar Auftrieb verliehen und den Euro im Gegenzug belastet. Im August hatte sich Daten aus der Industrie stabil gehalten, während der Markt einen Dämpfer erwartet hatte. Die Zahlen signalisieren weiterhin ein Wachstum in der Industrie und geben der US-Notenbank Fed mehr Spielraum für Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation. «Die konjunkturelle Lage steht der Fed nicht im Weg», kommentierte Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).
Die Aussicht auf weiter steigende Zinsen in der Eurozone konnten dem Euro hingegen keinen Auftrieb verleihen. Zuletzt hatten sich EZB-Vertreter für starke Zinserhöhungen ausgesprochen, um die Inflation einzudämmen. Die EZB wird in der kommenden Woche den nächsten Zinsschritt beschliessen. Nachdem die Inflation in der Eurozone im August einen Rekordwert von 9,1% erreicht habe, sei die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung um «satte 0,75 Prozentpunkte» gestiegen, sagte Devisenexpertin Antje Praefcke von der Commerzbank.
Ölpreise geben erneut nach
Die Ölpreise sind am Donnerstag wegen wachsender Konjunktursorgen und einem starken US-Dollar erneut gefallen. Seit drei Tagen sinken die Preise stark. Am späten Nachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 93,18 $. Das waren 2,47 $ weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 2,49 $ auf 87,08 $.
Seit Dienstag hat sich Brent-Öl um etwa 12 $ je Barrel verbilligt. In den vergangenen Tagen wurden die Notierungen am Ölmarkt durch eine Reihe Faktoren belastet. Dazu zählt der anhaltend starke Dollar, der Rohöl für Interessenten ausserhalb des Dollar-Raums wechselkursbedingt verteuert und damit die Nachfrage belastet. Zudem lastet die Aussicht auf zusätzliches Rohöl aus dem Iran auf den Preisen. Sollte es zu der sich abzeichnenden Wiederherstellung des Atomabkommens kommen, dann könnten die Sanktionen aufgehoben werden, die auch den Ölsektor betreffen.
Die Ölpreise aber vor allem auch durch wachsende Konjunktursorgen belastet. Jüngste Stimmungsdaten aus der Industrie in China deuten auf ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Aktivitäten in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt hin. Am Ölmarkt wird vor allem auf das nach wie vor harte Vorgaben der Regierung in Peking gegen die Ausbreitung des Coronavirus verwiesen, was die Wirtschaftskraft des Landes zunehmend bremst. Zuletzt haben die Behörden eine Ausgangssperre in einer der grössten Metropolen des Landes verhängt. Wie chinesische Staatsmedien berichteten, sollen grundsätzlich alle rund 21 Millionen Bewohner der südwestchinesischen Metropole Chengdu nicht mehr vor die Tür gehen.
AWP/REUTERS
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