Der automatische Informationsaustausch in Steuersachen (AIA) wird im internationalen Verkehr bald Tatsache. Die Schweiz kann sich dem nicht entziehen und hat die entsprechenden Arbeiten aufgenommen – wenn auch widerwillig. Eine Debatte über die Einführung des AIA auch innerhalb der Schweiz zeichnet sich ab, ist jedoch noch nicht weit gediehen.
Sie wird nun befeuert durch die Stellungnahme der Schweizerischen Bankiervereinigung zur Reform der Verrechnungssteuer, die vom Schuldner- auf das Zahlstellenprinzip umgebaut werden soll. Die Banken setzen sich in einem Teilbereich (Obligationenzinsen und ausländische Dividendenerträge) für ein automatisches Meldeverfahren für Schweizer Steuerpflichtige ein ( lesen Sie hier mehr ).
Allerdings will die Bankiervereinigung ihre Stellungnahme nicht als Positionsbezug für den AIA im Inland verstanden wissen. Nur: Schon im Januar hatte sich der umtriebige Vorsitzende der Raiffeisengruppe und Präsident der Koordination Inlandbanken, Pierin Vincenz, unverblümt für die Einführung des AIA auch im Inland ausgesprochen.
Die unverhohlene Sympathie der Banken für den AIA ist zumindest vordergründig einigermassen verständlich. Gewitzigt durch schlechte Erfahrungen wollen sie möglichst allen Haftungsrisiken aus dem Weg gehen. Zudem sehen sie sich in eine Rolle gedrängt, die sie gar nicht wollen: In verschiedenen Bereichen werden sie immer mehr zu Erfüllungsgehilfen des Staats. Wenn sie für die Steuerehrlichkeit ihrer Kunden bürgen müssen, geht dies aus staatspolitischer Sicht klar zu weit. Banken sollen und können keine hoheitlichen Funktionen wahrnehmen. Zudem scheuen sie auch die Kosten für die Führung mehrerer paralleler Systeme – eines für Ausländer, eines für Inländer.
Klar ist: Die Einführung des automatischen Meldeverfahrens in der Reform der Verrechnungssteuer bringt einen Schritt in Richtung AIA im Inland gleichsam durch die Hintertür. Es würde eine Weichenstellung vorgenommen in einer Frage mit sehr weitreichenden Konsequenzen.
Der AIA im Inland würde das Ende des Bankkundengeheimnisses auch in der Schweiz bedeuten – und erforderte eine Gesetzesrevision. Hinzu kommt, dass eine Volksinitiative zu seiner Verankerung in der Bundesverfassung unterwegs ist. Zudem würde das Verhältnis des Bürgers zum Staat, das hierzulande – zumindest mehrheitlich – noch ein solches des gegenseitigen Vertrauens ist, erheblich geschädigt. Schliesslich würde der AIA im Inland einen Schritt hin zum gläsernen Bürger bringen.
Der AIA im Inland ist nicht eine rein technische Angelegenheit, die nur den Banken das Leben erleichtern soll. Es werden Fragen von grosser Tragweite aufgeworfen. Darüber ist bis heute keine breite und offene Debatte entstanden, die aber gerade in einem derart wichtigen Thema unumgänglich ist. Es kann nicht sein, dass in einem insgesamt sehr technischen Erlass, wie eben der Reform der Verrechnungssteuer, ein derart wichtiger Entscheid präjudiziert wird.
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Breite Debatte nötig
Der automatische Informationsaustausch in Steuersachen im Inland darf nicht durch die Hintertür eingeführt werden. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.