Noch vor Ende Mai dürfte sich die Credit Suisse mit dem US-Justizdepartement im Steuerstreit einigen. Dabei wird sie um ein Schuldeingeständnis (Guilty Plea) wohl nicht herumkommen, was den Bussenrahmen deutlich vergrössern dürfte. Werden die Amerikaner auch Köpfe rollen lassen? Am ehesten zur Verantwortung gezogen werden könnte Urs Rohner, einer der wenigen Schweizer an der Spitze der Grossbank.
Urs Rohner machte an der Generalversammlung der Credit Suisse vergangene Woche klar: «Keiner auf diesem Podium stand in operativer Verantwortung.» Damit nahm der Verwaltungsratspräsident auch die Konzernleitung in Schutz. Urs Rohner gebrauchte die rechtlich korrekte Formulierung eines gewieften Juristen, der weiss, dass die Amerikaner und nicht die Aktionäre – und auch Bern nicht – über seine unmittelbare Zukunft entscheiden werden.
Effektives Management
Rohner hat sich bei der CS sofort vehement für den Ausstieg aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit unversteuerten US-Kunden eingesetzt und die Rechtsrisiken der Bank systematisch analysiert. Er sorgte dafür, dass Compliance bei der Credit Suisse grossgeschrieben wurde, was wichtig war angesichts akuter rechtlicher Probleme in Japan, Korea, im Iran und in Brasilien. Gleichzeitig war jedoch die Umsetzung des US-Ausstiegs – wie man heute weiss – unzureichend. Generell wurde (zu) viel angerissen, klare Verantwortlichkeiten fehlten häufig. «Wir sind ersoffen in Projekten», erinnert sich ein ehemaliger Mitarbeiter.
Operative Verantwortung
Es ist klar: Die operative Verantwortung für das Private Banking der Credit Suisse lag in der fraglichen Zeit nicht bei Rohner, sondern beim CEO der Division, Walter Bärchtold. Er verliess die Bank 2012 – nachdem er im Frühjahr für eine Befragung in die USA gereist war, wo ihm Straffreiheit zugesichert wurde.
Tatsächlich entbehrt es nicht einer gewissen Tragik, dass mit Rohner und seinem CEO Brady Dougan zwei Exponenten unter Druck zu geraten scheinen, die in der fraglichen Zeit keine direkte Verantwortung für das US-Geschäft trugen. Dougan leitete die Investmentbank.
Urs Rohner ist seit der Generalversammlung 2011 Präsident des Verwaltungsrats, dem er seit 2009 angehört. Vorher hatte er mit dem US-Geschäft aber sehr wohl zu tun. Er war Mitglied der Konzernleitung der Credit Suisse Group (2004 bis 2009) und der Credit Suisse (2005 bis 2009), dies als General Counsel (oberster Rechtsberater); 2006 bis 2009 war er zudem Chief Operating Officer (COO).
Die US-Behörden haben öfters im Rahmen von Plea Agreements Rücktritte angeordnet. Schweizer Unternehmen wie Panalpina (im Bestechungsfall Nigeria) haben das erlebt. Noch ist offen, ob die Amerikaner – neben einer Power-Play-Busse, die in keiner Relation mehr zum Vergehen stehen dürfte – auch einen Rücktritt (oder mehrere) verlangen werden. Dies, obwohl die Aktionäre an der GV soeben die Unternehmensführung bestätigt haben.
Oberste Verantwortung
Die oberste Führungsverantwortung im Unternehmen liegt beim Verwaltungsrat, und die Geschäftsleitung hat die Verantwortung für die Umsetzung der festgelegten Strategie.
Unwissen schützt vor Strafe nicht. Oswald Grübel musste gehen, obwohl er mit den Zockereien des Londoner UBS-Händlers Adoboli nichts zu tun hatte. Es mag individuell unfair erscheinen. Aber die Tatsache, dass die ausgiebigen Untersuchungen, die die CS vornahm, ergeben haben, dass eine Handvoll Mitarbeiter unbemerkt vom Management verbotene Geschäfte mit amerikanischen Kunden machte, ist keine Entschuldigung.
Zudem war es wohl in vielen Banken üblich, dass das Topmanagement «nicht wissen wollte», was sich in den schmutzigen Niederungen des Private Banking abspielte. Bis 2007 nahm man allenthalben an, dass für weitere Jahrzehnte die Lücken im US-Steuerrecht da waren, um ausgenützt zu werden. Etliche Banker sahen den Umschwung kommen, doch letztlich wurden alle überrumpelt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Credit-Suisse-Leitung von US-Gnaden
Sachlich trägt CS-Präsident Urs Rohner keine Schuld am Debakel in den USA. Ein Kommentar von FuW-Redaktorin Monica Hegglin.