Es bestehen keine vernünftigen Zweifel mehr: Der Klimawandel ist auch menschengemacht. Und er wird sich weiter akzentuieren, sofern diese Menschen ihr Verhalten nicht ändern und weniger Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen. Das ist die Quintessenz des fünften Berichts des Weltklimarats der Uno (IPCC), der am Montag auch in Bern vorgestellt wurde. Die Autoren weisen darauf hin, dass in den kommenden Jahrzehnten eine massive Senkung des Ausstosses von Treibhausgasen nötig ist, um das Klimaziel einer Erwärmung um maximal zwei Grad Celsius einzuhalten.
Dieser Aussage stimmte, wenig überraschend, auch Energie- und Umweltministerin Doris Leuthard zu. Sie liess es sich nicht nehmen, erneut das Loblied auf die Energiestrategie 2050 des Bundesrats zu singen. Diese strebt gleichzeitig mit dem Ausstieg aus der Kernenergie eine Reduktion des Verbrauchs fossiler Energieträger an. Wie das allerdings genau gehen soll, ist alles andere als klar.
Die Erfahrungen der Schweiz und vor allem Deutschlands, derjenigen Länder also, die nach Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie zum Programm erhoben haben, sind bisher wenig erfreulich. In Deutschland, das schon einige Kernkraftwerke stillgelegt hat, steigt der CO 2 -Ausstoss wieder. Grund ist, dass Kohlekraftwerke wieder hochgefahren werden oder dass ihre Leistung erhöht worden ist.
Deutschland schreckt nicht einmal davor zurück, den Abbau von Braunkohle, einem der umweltschädlichsten Energieträger überhaupt, wieder zu intensivieren. Es entbehrt nicht der Ironie, dass ausgerechnet die tiefrote Regierung des Bundeslands Brandenburg den Abbau von Braunkohle massiv ausdehnen will – sie geht sogar so weit, dafür ganze Dörfer umzusiedeln.
Derartiges ist in der Schweiz kein Thema. Doch die Energiewende wird, entgegen den bundesrätlichen Beteuerungen, auch hierzulande zu einem erhöhten CO 2 -Ausstoss führen. Um den Ausfall der Stromproduktion aus Kernkraftwerken zu kompensieren, sieht die Energiestrategie auch den Einsatz von Gaskraftwerken vor. Zudem werden die Stromimporte zunehmen, unter anderem von Kohlestrom aus Deutschland und allenfalls Osteuropa. Da wird das Bekenntnis Leuthards, die Schweiz handle und wolle «den Kampf gegen die Klimaerwärmung weiterführen», zur Floskel.
Wenn sie den Kampf gegen die Klimaerwärmung ernst meinen, müssen die Schweiz und Deutschland ihre Ausstiegsstrategie überdenken. Die Option Kernenergie müsste zumindest offengehalten werden, wie das überdies auch der IPCC tut. Eine derart massive Reduktion des Ausstosses von Treibhausgasen – die Rede ist bis 2050 von weltweit 40 bis 70% – wird unter Ausschluss der Kernkraft als Kompensation ein Ding der Unmöglichkeit sein. In der bevorstehenden Wintersession hat der Nationalrat, der sich als Erstrat mit der Energiestrategie beschäftigt, die Gelegenheit, eine entsprechende Weichenstellung vorzunehmen – zugunsten des Klimas. Dass er den Mut dazu hat, muss leider bezweifelt werden.
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Das Klima und die Energiewende
Der Ausstieg aus der Kernenergie schadet dem Klima und muss überdacht werden. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.