Der Chart des Tages
Paris, wir haben ein Problem.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande zählt sein Land gerne zum harten, soliden Kern der Europäischen Währungsunion. Der Bondmarkt scheint dies auf den ersten Blick zu bestätigen, ist die Republik doch in der komfortablen Situation, Anleihen mit zwei Jahren Laufzeit zu einer Rendite von –0,28% zu emittieren (wobei anzumerken ist, dass sogar Italien am Bondmarkt Negativzinsen erhält).
Anders sieht das Bild jedoch punkto Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Agilität aus. Der oben abgebildete Chart von Société Générale zeigt die Entwicklung der Lohnstückkosten (Unit Labor Costs, ULC) seit Einführung der gemeinsamen Währung zur Jahrtausendwende. Alle Kurven sind indexiert auf 100 zu Beginn des Jahres 2000.
Die rote Kurve zeigt Frankreich; die Lohnstückkosten in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Eurozone sind über den Zeitraum von fünfzehn Jahren um rund 32% gestiegen.
Im starken Kontrast dazu steht die grüne Kurve für Deutschland, wo die Lohnstückkosten im selben Zeitraum um gut 15% gestiegen sind, wobei der grösste Anteil des Anstiegs erst in den vergangenen drei Jahren zustande kam.
Eindrücklich die Entwicklung der Krisenstaaten Irland (grau), Spanien (braun) und Portugal (hellblau): Allen ist es gelungen, ihre Lohnstückkosten in den vergangenen fünf Jahren zu senken.
Nicht so Italien (gelb) und Frankreich: Beide Kurven steigen munter weiter, ohne Anzeichen einer Trendumkehr. Man mag anmerken, bei Italien sei das keine Überraschung; das Land ist kaum regierbar und chronisch unfähig, Strukturreformen des Arbeitsmarktes durchzusetzen.
Doch wer weiss, vielleicht ist es mit der reibungslosen Regierbarkeit Frankreichs und der Zugehörigkeit des Landes zum harten Eurokern auch bald zu Ende: 2017 sind Präsidentschaftswahlen. Der Front National von Marine Le Pen steigt in der Gunst der Wähler.
Einen ersten Vorgeschmack werden wir bereits diesen Dezember sehen, in den Regionalwahlen in Nord-Pas-de-Calais, wo der Front National aktuell auf Zustimmungsraten von bis zu 40% kommt .
Nachtrag: Es ist freilich nicht ganz fair, die steigenden Lohnstückkosten in der Zeit seit 2000 allein als Problem Frankreichs zu sehen. Die Seitwärtsbewegung in den Lohnstückkosten Deutschlands zwischen 2000 und 2008 ist Ausdruck davon, dass Deutschland lange Zeit unter seinen Verhältnissen gelebt hat. Der kräftige Anstieg der Lohnstückkosten in Spanien und Irland in diesem Zeitraum wiederum zeigt, wie diese Peripheriestaaten über ihren Verhältnissen gelebt haben, während ihre Volkswirtschaft überhitzte. Frankreich bewegte sich im Durchschnitt der gesamten Eurozone.
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