Desaströs für den Gewerkschaftsbund, nicht aber für die Obligationäre Rettungsaktion legt implizite Garantie nahe
Communiqués dieser Art verfasst wohl keine andere Bank: Unter der Überschrift «Solidaritätsadressen» wird gemeldet, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe am 2.Mai in der Zentrale in der Tuchlauben 2000 Euro auf ein neues Sparkonto einbezahlt – über www.bawag.com ist das Foto des Kanzlers am Schalter zu sehen.
Communiqués dieser Art verfasst wohl keine andere Bank: Unter der Überschrift «Solidaritätsadressen» wird gemeldet, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe am 2.Mai in der Zentrale in der Tuchlauben 2000 Euro auf ein neues Sparkonto einbezahlt – über www.bawag.com ist das Foto des Kanzlers am Schalter zu sehen. Am 3.Mai stellt die Bank für Arbeit und Wirtschaft (Bawag), die dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) gehört, fest, die Einlagen seien sicher. Ausgerechnet am Tag der Arbeit hat die bürgerliche Regierungskoalition ein Paket zur Rettung der Bawag geschnürt. Zuvor waren Sparer an die Schalter der im Privatkundengeschäft verankerten Bank geströmt, um ihre Guthaben abzuziehen. - Zum einen geht der Staat eine auf 900 Mio. Euro und bis 1.Juli 2007 limitierte Garantie ein. Zum anderen soll ein Bankenkonsortium unter der Regie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) der Bawag eine Finanzspritze über 450 Mio. Euro («Besserungskapital») verabreichen. Zudem veräussern Bawag und ÖGB ihre OeNB-Beteiligung von 20% dem Bund. Ähnlich wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die OeNB als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft organisiert – bislang gehörten dem Bund 50%, die andere Hälfte teilten sich Arbeitnehmer- und -geberorganisationen, Banken und Versicherungen. Der ÖGB will sich auch von der Bawag selbst trennen und ist auf Käufersuche. - Die jüngste Mitteilung der Bawag ist ebenfalls nicht ohne: Der Aufsichtsrat klagt auf Räumung eines Penthouse (Adresse: Tuchlauben, Wien!), das der Gemahlin des ehemaligen Generaldirektors Helmut Elsner überschrieben wurde. - Der Fall Bawag hat viele Dimensionen. Die innenpolitische: Die bürgerlichen Parteien nutzen das Debakel des mit den Sozialisten verwachsenen ÖGB mit Blick auf die Parlamentswahlen im Herbst weidlich aus. Die betriebswirtschaftliche: Die Gewerkschaftsbank wickelt von 1995 bis 2000 verlustreiche «Karibikgeschäfte» ab, vertuscht dies und gewährt dem US-Broker Refco 2005 kurz vor seinem Konkurs Darlehen. Mit den Refco-Gläubigern ist ein Vergleich abgeschlossen worden, nun machen Refco-Aktionäre Ansprüche geltend. - Ordnungspolitisch pikant ist, dass Regierung samt Notenbank einer Geschäftsbank unter die Arme greifen, damit diese nicht untergeht. Kein Wunder, hat die EU-Kommission bereits Informationen angefordert. Die OeNB kann sich immerhin auf ihr Mandat berufen. Wie die SNB muss sie zur Stabilität des Finanzsystems beitragen. - Und wie sieht das Ganze aus Sicht des Obligationärs aus - Gemäss Bloomberg hat Bawag 146 Emissionen im Gesamtwert von gut 14 Mrd. Euro im Markt. Diejenigen Anleihen, die von der im Jahr 2000 übernommenen Österreichischen Postsparkasse (PSK) stammen, geniessen eine explizite Garantie der Republik Österreich (Aaa). Dann gibt es fundierte Schuldverschreibungen (Covered bonds); Bawag hat 2005 die erste Euroanleihe nach dem neuen Pfandbriefgesetz emittiert. Daneben sind unbesicherte Anleihen im Markt. - Moody’s bewertet die Covered bonds mit der Bestnote, die normalen Anleihen seit Ende Januar mit A3, wobei eine Rückstufung dräut (Watchlist negativ). Bei der Ersteinstufung 1997 war Bawag noch ein Aa3 zugestanden worden. Zurückgenommen wurde Anfang Mai das Rating für die Finanzstärke, von C– auf D–. Die innere Kraft der Bank ohne äussere Stützungsfaktoren ist also ziemlich schwach geworden. - Bawag hat drei Frankenanleihen ausstehend. Zwei davon, 31/4% Bawag PSK 1999/2011 und die nachrangige 41/2% Bawag PSK 2000/2015, sind staatsgarantiert. Die dritte, 33/4% Bawag 2002/2009, ist es nicht, was sich in einem deutlichen Renditezuschlag spiegelt. Diese Anleihe ist für Investoren mit guten Nerven eine Überlegung wert. Hat nicht der Bail-out soeben demonstriert, dass ungesicherte Bonds in den Genuss einer impliziten Staatsgarantie kommen – ähnlich wie früher bei gewissen Westschweizer Kantonalbanken