US-Budgetstreit eskaliert
Die Parlamentarier in Washington konnten sich am Montag bis Mitternacht nicht auf einen Kompromiss einigen. Der US-Staatsapparat kommt damit teilweise zum Erliegen.

Der Streit über den amerikanischen Staatshaushalt erreicht die nächste Eskalationsstufe. Bis Mitternacht zirkulierten Vorlagen für eine provisorische Finanzierungsgenehmigung der US-Regierung zwischen dem republikanisch kontrollierten Repräsentantenhaus und dem demokratisch kontrollierten Senat. Eine Einigung in letzter Minute blieb jedoch aus. Die US-Regierung hat deshalb am Dienstagmorgen damit begonnen, ihren Betrieb teilweise einzustellen. Letztmals war das unter Präsident Clinton Mitte der Neunzigerjahre der Fall.
Von dem sogenannten Government Shutdown betroffen sind alle Bereiche des Staatsapparats, die nicht als unentbehrlich eingestuft werden. Sie machen rund einen Drittel des Budgets der Regierung aus. Konkret zählen dazu beispielsweise die Raumfahrtbehörde Nasa, die Pflege von Nationalparks und Denkmälern, der telefonische Fragenbeantwortungsdienst der Steuerbehörde IRS, das Amt für Reisepasserneuerungen oder der juristische Beratungsdienst für Kriegsveteranen. Ingesamt droht rund 800’000 Staatsangesellten der Zwangsurlaub. Nicht tangiert sind hingegen das Militär sowie die staatlichen Sozialwerke Medicare, Medicaid und Social Security. Auch der Postdienst wird seine Arbeit ungehindert verrichten können.
(Noch) keine Panik an der Börse
Einmal mehr strapaziert ein politischer Showdown in Washington damit die Nerven der Investoren. Die amerikanische Währung schwächelt. Der Dollar ist auf am Dienstagmorgen auf ein Achtmonatstief gefallen. Ansonsten ist Panik an den Finanzmärkten bislang nicht ausgebrochen. In Asien tendierten die Börsen am Dienstag sogar mehrheitlich freundlich.
Auch stufen Investoren amerikanische Staatsanleihen nach wie vor als sicher ein. Kreditausfallversicherungen (CDS) auf fünfjährige Treasuries haben sich in den vergangenen Tagen zwar deutlich verteuert. Ihr Preis bewegt sich aber noch weit unter dem Niveau vom Sommer 2011, als in Washington der letzte grosse Machtkampf um die Staatsfinanzen tobte (vgl. Grafik).

Quelle: Bianco Research
Inwiefern die erneute Eskalation im Budgetstreit die amerikanische Wirtschaft bremsen wird, hängt von seiner Dauer ab. Entscheidend ist deshalb, was sich in den nächsten Stunden abspielt. «Wir werden uns erst richtig mit dem Shutdown befassen, wenn zwölf Stunden nach der Deadline verstrichen sind», meint etwa Anlageberater Jim Bianco. «Alles, was vorher passiert, ist politisches Possenspiel», fügt er hinzu. Im Winter etwa komme es nach grossen Schneestürmen ebenfalls hin und wieder vor, dass die US-Regierung für eine Zeitlang an ihrem Betrieb gehindert werde, relativiert er.
Arbeitsmarktdaten könnten sich verzögern
Von Bedeutung ist aus Investorensicht zudem, dass wichtige Wirtschaftsdaten von privaten Marktforschungsinstituten wie der ISM-Index zum verarbeitenden Gewerbe (am Dienstag) und zum Dienstleistungssektor (Donnerstag) oder der ADP-Arbeitsmarktbericht (Mittwoch) termingemäss veröffentlicht werden. Ungewiss ist hingegen, wie es mit den für Freitag erwarteten Jobdaten für September der Statistikbehörde BLS und den jeweils am Donnerstag publizierten Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung aussieht.
Doch auch wenn es bereits in wenigen Tagen zu einem Kompromiss kommen sollte, werden die US-Staatsfinanzen an den Märkten vorerst ein zentrales Thema bleiben. Das, weil die Staatschulden bereits im Frühjahr die gesetzlich festgelegte Grenze erreicht haben. Seither hält sich das Schatzamt mit finanztechnischen Kniffen über Wasser. Mitte Oktober dürfte der Spielraum aber ausgeschöpft sein, wie Finanzminister Jack Lew unlängst berichtet hat. An Wallstreet wird geschätzt, dass die Lage dann spätestens Ende Monat richtig kritisch wird.
Böse Erinnerungen an 2011
«Es ist nicht das erste Mal, dass der Staatsapparat in den USA zum Stillstand kommt. Zwischen 1976 und 1996 war das insgesamt siebzehn Mal der Fall, sodass es keine Katastrophe ist», denkt Jim O’Sullivan, US-Chefökonom vom Recherchedienst High Frequency Economics. «Die Konsequenzen werden viel verheerender sein, wenn kein Deal zur Schuldengrenze gelingt», warnt er. Das weckt böse Erinnerungen an den Konflikt von Ende Juli 2011. Nach dem Streit über die Schuldengrenze wurde den Vereinigten Staaten damals das Triple-A-Rating als Topschuldner entzogen, was an den Finanzmärkten ein heftiges Beben auslöste.
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