Dufry überzeugt mit rasantem Expansionstempo
Wer viel reist, dem fällt auf, dass Flughäfen und Bahnhöfe immer mehr Einkaufszentren ähneln.
Wer viel reist, dem fällt auf, dass Flughäfen und Bahnhöfe immer mehr Einkaufszentren ähneln. Die Gründe für diese Entwicklung sind schnell eruiert. Reisenden sitzt das Geld locker in der Tasche, und die mit der Wartezeit auf den nächsten Anschluss verbundene Langweile verleitet zum Kauf. Besonders wenn die Artikel zoll- und mehrwertsteuerbefreit sind. Der Umsatz im weltweiten Reisedetailhandel wird auf rund 30 Mrd. Fr. pro Jahr geschätzt, die Zuwachsraten auf rund 4%. Beinahe vergessen ist die schwierige Zeit nach September 2001. Der Verkaufserlös des Reisedetailhändlers Dufry, der aus dem 1865 gegründeten Basler Handelshaus Weitnauer hervorging, brach 2000 von 1 Mrd.Fr. auf 660 Mio. Fr. im Jahr 2003 ein. - Mittlerweile ist Dufry in Topform. Unter den Fittichen der Private-Equity-Investoren Advent International wurde das Unternehmen saniert und an die Börse gebracht. Dem angestrebten Ziel – die Nummer Eins der Branche zu werden – rückt Dufry vor allem mit Akquisitionen näher. Im März 2006 wurde Brasif erworben (Umsatz 350 Mio.Fr.), der Kauf eröffnete Zugang zum lukrativen Südamerikamarkt. Im Dezember wurde Brasif unter dem Namen Dufry Südamerika (DSA) in Luxemburg und Brasilien kotiert. Den Verkaufserlös des Minderheitsanteils (49%) nutzte Dufry einerseits zum Schuldenabbau, andererseits wurde das Karibikgeschäft verstärkt durch die Akquisition eines puertoricanischen Anbieters (Umsatz 100 Mio.Fr). Derzeit ist Dufry in 38 Ländern vertreten und betreibt über 450 Läden mit einer Verkaufsfläche von 77000m2. Die zunehmende Grösse hilft Dufry, günstigere Einkaufskonditionen mit Lieferanten auszuhandeln, was die Ertragskraft verbessert. - Weltmarktführer (Anteil unter 10%) ist die einstige SAir-Tochter Nuance, die sich seit 2002 je zur Hälfte im Besitz des italienischen Lebensmittelhändlers GECOS/Gruppo Pam und dem Modehaus Stefanel befindet. Andere Branchengrössen wie etwa Gebrüder Heinemann, DFS Group und World Duty Free sind nicht kotiert. Anleger mit Interesse am Sektor haben neben Dufry kaum Auswahl. Alternativen sind die kleinkapitalisierten Alpha Airports und indirekt Autogrill. Der italienische Raststättenbetreiber schnappte Dufry 2005 die spanische Reisedetailhandelsgesellschaft Aldeasa vor der Nase weg. - Am Donnerstag markierten die Aktien Dufry ein Höchst (113.50Fr.). Das entspricht einem Plus von 40% gemessen am Emissionspreis. Der Börsenstart Ende 2005 verlief dagegen etwas schleppend. Es dauerte einige Monate, bis die Anleger das hohe Expansionstempo der Gesellschaft goutierten. Die im August eingeführten restriktiven Handgepäckvorschriften in den USA und Grossbritannien führten zu zwischenzeitlichen Kursrückschlägen. Als klar war, dass Dufry von den Massnahmen nur am Rande tangiert ist, kehrte das Vertrauen der Investoren rasch zurück. In britischen Flughäfen ist die Gesellschaft nicht präsent und in Nordamerika mit nur drei Standorten vertreten. - Die Titel entwickelten sich seither kontinuierlich aufwärts. Der Trend dürfte sich fortsetzen, wenn Dufry das hohe organische Wachstumstempo (8 bis 10% p.a.) beibehält, Ergänzungsakquisitionen gelingen und weitere Konzessionen gewonnen werden. Derzeit sind in Spanien (geschätztes Umsatzvolumen: 350 Mio. Fr.), Singapur (195 Mio. Fr), Korea und Saudi-Arabien (100 Mio. Fr.) Lizenzen mit beachtlichen Volumen ausgeschrieben. - Die Aktien sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 17 (2007) für die Einzelhandelsbranche allerdings bereits hoch bewertet. Die überdurchschnittlichen Zuwachsraten des Reiseverkehrs in den umsatzträchtigsten Märkten von Dufry und die Konsolidierung des fragmentierten Marktes rechtfertigen die Einschätzung teilweise. Gewisse Risiken birgt, dass Dufry noch nicht über einen langjährigen Erfolgsausweis verfügt und die Absichten des Private-Equity-Hauses und Mehrheitsaktionärs Advent nicht ganz klar sind.