Duschen mit Doris – lauwarm
«Kein Ort.
«Kein Ort. Nirgends.», so lautet tatsächlich der seltsame Titel eines Romans von Christa Wolf. Die Dame war in der DDR unseligen Angedenkens halb Op- und doch schon Position. Das alles weckt Assoziationen an die offenbar so gut wie zur Bundesrätin gewählte Doris Leuthard. Überhaupt: Wieso denn eigens das Parlament zusammentrommeln, wenn eh alles klar ist - Antreten zur Akklamation, die von den jetzt schon hyperventilierenden Mainstream-Medien zum Grossereignis verklärt werden wird - Egal, es wird ja keiner gezwungen, die Glotze einzuschalten, um live mitzukriegen, wer uns da künftig als Magistratin entgegenglotzen wird. Obwohl – Leutschenbach-Zwangskonsum wäre, im Sinn der Säkularreligion Service public, im Grunde die zwingende Ergänzung der Zwangsgebühr; doch das nur nebenbei. «Kein Ort. Nirgends.» liesse sich jedenfalls als griffige Formel für die politische Haltung der künftigen Landesmutter verwenden, sofern das Copyright zu haben ist. - Das Wanken zwischen Opposition im Schlepptau der Linken und, gemäss Papierform, der Position in der bürgerlichen Mehrheit lässt sich dieser Tage am Slalom ablesen, den die von der Bundesrätin in spe geführte CVP in Sachen Privatisierung der Swisscom vollführt. Pragmatismus als Programm, bisweilen nicht ganz untypisch für Leuthards Partei. Selbst verstocktesten Protestanten schien die Partei verortbarer, wie Feuilletonisten wohl sagen würden, als sie noch der Weihrauch-Duft eines Kurt Furgler zart umwehte. - Aber antiquierte Kleinkariertheit beiseite, heutzutage ist Flexibilität gefragt, Lösungsorientiertheit. Doris L., postmodern und telegen, war einst aufgefallen mit seifigem Wahlkampf. Es darf gehofft werden, dass sie die fünf grauen Mannen und die aus bislang unerklärten Gründen weitherum beliebte Micheline kräftig duschen wird, lauwarm eben. Statt uneidgenössischen Hickhacks endlich der kompromisslose Konsens, das radikale Jein, die extreme Mitte, das entschiedene Sowohl-als-auch, die knallharte Unverbindlichkeit – wir werden es er- und überleben. Vielleicht ist es dank der Power der neuen Frau bald aus mit dem empörend vergifteten Klima im Bundesrat (woran im Zweifelsfall Blocher schuld ist, der dem Land nicht gut tut, wie wir in jedem halbamtlichen Wort zum Sonntag lesen). Die Alpha-Tiere C.B. und P.C. haben ausgespielt, denn die Frische kommt. - Wozu also deplazierte Nörgeleien von wegen dürftiger Führungserfahrung - Falls das Kollegium Doris Leuthard zum Nachexerzieren ins Verteidigungsdepartement verbannen sollte, würden ihr die Generäle schon sagen, wo’s im Schützengraben langgeht. Vielleicht liesse sich eine VBS-Bodylotion in khaki-oliv lancieren - Würde sie hingegen von Père Joseph das Wirtschaftsministerium erben, bliebe eh alles bei der gewohnten Zaghaftigkeit, denn wer in der Politik gegen den Konflikt der Ideen ist, dem wird auch das Wettbewerbsprinzip in der Ökonomie unheimlich sein. Daher die Botschaft an alle Wirtschaftsliberalen: Lasciate ogni speranza. Willy Ritschard meinte einst offenherzig, seine angenehmste Zeit im Bundesrat seien die Woche zwischen der Wahl und dem Amtsantritt gewesen. Gönen wir das uns und ihr. MR