Ein Chef mit Mut und Grundvertrauen
Der Mitgründer und erfolgreiche CEO von Leonteq, Jan Schoch, wird von Ernst & Young mit dem Emerging Entrepreneur Award ausgezeichnet.

Die tägliche Autofahrt vom Appenzellerland nach Zürich sei wertvolle Zeit, sagt Jan Schoch, Mitgründer und CEO von Leonteq, vormals EFG Financial Products – das Unternehmen betreibt eine Plattform für strukturierte Anlageprodukte. Im Büro gehe es zu und her wie in einem Coiffeursalon – das sei nicht despektierlich, seine Mutter sei Coiffeuse. Dort sei es kaum möglich, in Ruhe einen klaren Gedanken zu fassen. Im Auto habe er den Kopf frei, auch für strategische Überlegungen. Nachdem er einen Chauffeur engagiert hatte, sitzt Schoch heute wieder selbst am Steuer.
Hauptgrund für den langen Arbeitsweg ist aber ein Grundsatz: «Die Familie kommt zuerst.» Die Grosseltern seiner beiden Kinder Julian und Laura, die bald vier und zwei Jahre alt werden, leben in der Nähe. Bevor die Familie in die Ostschweiz zog, wohnte Schoch, Jahrgang 1977, mit seiner Frau am linken Ufer des Zürichsees. Seine damalige Verlobte habe ihn unterstützt im Entscheid, ein Unternehmen zu gründen. Der Plan reifte im Frühling 2007, und es ging auch darum, dafür «alles Geld zu investieren». Im Dezember hoben vier Gründer EFG Financial Products aus der Taufe.
Die Gründung ausgerechnet zu Beginn der Finanzkrise sei insgesamt ein Vorteil gewesen, blickt Schoch zurück. Den Start bezeichnet er als «den aus emotionaler Sicht grössten Erfolg: Als wir live gehen konnten». Danach folgte die Rezession und der deutliche Rückgang im Geschäft mit strukturierten Produkten. Zudem geriet die Muttergesellschaft – die Privatbankengruppe EFG International – in Bedrängnis. Doch sie hatte die Tochter unterstützt, quasi auf der grünen Wiese eine Informatikplattform zu bauen. Schoch erklärt, in einer schwierigen Marktlage wie der damaligen könne sich ein neuer Anbieter besser differenzieren. Zudem waren sie gezwungen, fit zu bleiben, «keinen Speck anzusetzen».
Der technische Vorsprung der Informatikplattform sei bis heute ein Hauptvorteil. Zudem sei ein kleines Unternehmen agil, das passe zum dynamischen Umfeld. Neben der Emission eigener Anlageprodukte spezialisiert sich Leonteq darauf, seine Plattform anderen Anbietern für deren Produkte zur Verfügung zu stellen (White Labeling).
Die Anbieter von Finanzdienstleistungen sollten lernen, sich zu spezialisieren, empfiehlt Schoch. Er spricht von der «Industrielogik der Zusammenarbeit» und zieht den Vergleich zu einem Fahrrad: Leonteq sei die Gangschaltung. Den Velorahmen bildeten die Partner, etwa die Genossenschaftsbank Raiffeisen und deren Tochter, die Privatbank Notenstein, oder der Versicherer Helvetia.
Der wichtigste Erfolg sei der Börsengang im Herbst 2012. Danach wurde EFG Financial Products in Leonteq umfirmiert, als Ausdruck der Unabhängigkeit. Gut 60 der rund 300 Mitarbeiter aus 30 Nationen sind nach wie vor Aktionäre. Er führe «mit Herz, Hirn und Humor», sagt Schoch. Wichtig seien der Mut zu neuen Ideen und – angesichts der vielen Unsicherheiten – das Grundvertrauen. Fehlentscheide müsse man rechtzeitig eingestehen und korrigieren. Wie kam Jan Schoch in die Finanzbranche? Ursprünglich wollte er Biologie studieren, doch die individuelle Arbeitsweise gefiel ihm nicht: «Die Forscher arbeiteten nicht teamorientiert.» Zu Hause am Mittagstisch wurde oft über Unternehmensführung gesprochen, sein Vater war im Management von Swisscom. Schoch studierte an der Hochschule St. Gallen und absolvierte ein Praktikum bei der US-Grossbank J. P. Morgan in London, «was man typischerweise so macht nach der HSG». Für Goldman Sachs baute er das Derivatgeschäft in der Schweiz auf. Leonteq hat in der Finanzkrise den Mitbewerbern Marktanteile streitig gemacht und in der Flaute danach weiterhin neue Mitarbeiter angestellt. Das rief Kritik und auch Neid hervor. «Heute ist die Anerkennung da, dass wir helfen, den Markt weiterzubringen». Am Freitag verlieh Ernst & Young die «Entrepreneur of the Year Awards». Jan Schoch erhielt den Preis in der Kategorie «Emerging Entrepreneur».
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