Finanziert à la carte
Für die Champagnerhersteller stellt das Spannungsfeld von Tradition und Moderne eine besondere Herausforderung dar: Einerseits erfordert der jahrelange Reifeprozess des Weins und andererseits der durch den technologischen Fortschritt geprägte Investitionsbedarf eine solide Finanzierung.
Für die Champagnerhersteller stellt das Spannungsfeld von Tradition und Moderne eine besondere Herausforderung dar: Einerseits erfordert der jahrelange Reifeprozess des Weins und andererseits der durch den technologischen Fortschritt geprägte Investitionsbedarf eine solide Finanzierung. Viele Produzenten entledigten sich dieser Sorgen durch die Anlehnung an grosse Muttergesellschaften, die kotiert sind. So gehören beispielsweise Moët & Chandon mit der Edelmarke Dom Pérignon, Veuve Cliquot, Krug und Pommery zum Luxusgüterkonzern und führenden Champagnerhaus LVMH. Die Getränkegruppe Rémy Cointreau, die Nummer drei unter den Champagnerherstellern, besitzt unter anderem Charles Heidsieck und Piper-Heidsieck. - Im vergangenen Jahr wagte mit Laurent Perrier das fünftgrösste Champagnerhaus den Börsengang. Die Euphorie wegen des Millenniumswechsels sorgte unter den Investoren für reges Interesse. Die zu 33 Euro ausgegebenen Aktien stiegen zeitweise über 45 Euro. Danach fiel allerdings der Kurs wegen des enttäuschenden Champagnerabsatzes im laufenden Jahr weit unter den Emissionspreis. Seit dem Ende November erreichten Tiefstand von 25.20 Euro haben sich Laurent Perrier bis Freitag auf 30.70 etwas erholt. - Für ein anderes, wegweisendes Finanzierungsmodell hat sich der zweitgrösste Champagnerproduzent, Marne & Champagne, entschieden, der Lanson, Besserat de Bellefon, Veuve Pasquier und eine Reihe von Eigenmarken herstellt und 1999 insgesamt 23 Mio. Flaschen verkauft hat. Nachdem im vorletzten Sommer ebenfalls ein Börsengang ins Auge gefasst wurde, hat das Unternehmen Anfang dieses Jahres mit der Lancierung einer Anleihe über 396 Mio. Euro (in drei Tranchen) überrascht, die durch 60 Mio. Champagnerflaschen abgesichert ist. Dank der Verbriefung des Champagnerbestands aus verschiedenen Produktionsstufen stiess die Emission auf eine gute Resonanz. - Mit dem innovativen Kapitalmarktauftritt unter Federführung der japanischen Investmentbank Nomura International hat Marne & Champagne die traditionellen Bankverbindlichkeiten zu besseren Konditionen refinanzieren können. Dadurch habe sich der Handlungsspielraum verbessert, erklärt Exportdirektor Jacques Dabère gegenüber «Finanz und Wirtschaft». Die Banken drängten das Unternehmen, den Fermentierungsprozess zu verkürzen, worauf es sich aber keinesfalls einlassen wollte. Die Lagerzeit müsse indes finanziert werden, und in diesen Kontext passten vierjährige Obligationen besser als Bankfinanzierungen, stellte Marne & Champagne im Vorfeld der Kapitalmarkttransaktion klar.OP