Finanzkonglomerate top
Die Gewinne der US-Wertpapierhäuser sind unter Druck: Goldman Sachs verdiente im vierten Quartal 17, Morgan Stanley 28, Lehman Brothers 50% weniger als im Vorjahr.
Die Gewinne der US-Wertpapierhäuser sind unter Druck: Goldman Sachs verdiente im vierten Quartal 17, Morgan Stanley 28, Lehman Brothers 50% weniger als im Vorjahr. Noch vor einem Jahr zählten die US-Wertpapierhäuser weltweit zu den profitabelsten Finanzintermediären. Mit 21% übertraf die Eigenkapitalrendite (Return on equity, ROE) gemäss einer neuen Studie der Swiss Re den ROE der Banken und Versicherer um das Doppelte. - Dass die Rentabilität der Wertpapierhäuser volatil ist, zeigt auch die Studie der Swiss Re: In elf der dreissig Jahre von 1970 bis 1999 waren die Wertpapierhäuser unrentabel. Die Versicherer verzeichneten nur in zwei Jahren Verluste, die Banken schrieben sogar in allen Jahren schwarze Zahlen. Unter den Finanzintermediären – Banken, Versicherer, Finanzkonglomerate und Broker – erzielten die Banken im Jahr 2000 mit fast 100 Mrd.$ auch den mit Abstand höchsten Gewinn (vgl. Kasten). Auf Rang zwei unter den ertragsmässig grössten Finanzintermediären der Welt folgen mit 60 Mrd.$ die Versicherer. Die Wertpapierhäuser rangieren mit 16 Mrd.$ hinter den Finanzkonglomeraten (38 Mrd.$). - Auch ertragsmässig liegen die Wertpapierhäuser hinten. Nur fünf Broker zählten zu den ertragsstärksten 115 Finanzintermediären, sechs waren Finanzkonglomerate, 48 Versicherer, 56 Banken. Während Banken und Versicherer letztes Jahr mit rund 2800 Mrd.$ fast gleich ertragsstark waren, verdienten die Wertpapierhäuser «nur» 160 Mrd.$. Die Finanzkonglomerate erzielten mit 350 Mrd.$ rund das Doppelte. Allein die Citigroup wies mit 112 Mrd.$ zweieinhalb mal mehr Ertrag aus als Morgan Stanley, das ertragsstärkste Wertpapierhaus der Welt. - Die Finanzkonglomerate sind nicht nur ertragsstärker als die Broker, die Eigenkapitalrendite ist dank der Diversifikation auch weniger volatil. Citigroup, die 1998 aus dem Schulterschluss von Travelers und Citibank hervorgegangene grösste US-Finanzdienstleistungsgruppe, verdiente im dritten Quartal «nur» 9% weniger, trotz dem 27% tieferen Gewinn ihrer Investmentbank Salomon Smith Barney. Verantwortlich sind nicht nur die Kostenkontrolle, sondern auch die Gewinndiversifikation mit Bankgeschäft, Versicherung, Investment banking und Kreditkartengeschäft. - Die Nichtlebenversicherung, kündigte Citigroup an, werde abgespalten. Der Spin-off von Travelers Property – im ersten Quartal 2002 sollen in einem Initial public offering bis 20% im Publikum plaziert werden – überrascht nicht: Das Nichtlebengeschäft ist volatil und kann mit 15% nicht mit der gruppenweiten Rendite von mehr als 20% mithalten. Citigroup hätte, kommentierte Chairman und Chief Executive Officer Sandy Weill, in den letzten drei Jahren ohne die Nichtlebenversicherung eine höhere Eigenkapitalrendite erzielt. - Mit 67 Mrd.$ die ertragsstärkste Bank war letztes Jahr die Deutsche Bank, die anders als die Allfinanzstrategien von Citigroup, Allianz oder Credit Suisse Group auf Kooperationen setzt (vgl. Seite 34). Hinter der Deutschen Bank rangiert mit 59 Mrd.$ die Credit Suisse Group, die von der Studie als Bank eingestuft wird. Ertragsstärker war die als Nichtlebenversicherer eingestufte Allianz (71 Mrd.$), die seither mit der Übernahme der Dresdner Bank in das Bankgeschäft diversifizierte. - Der Zusammenschluss einer Bank und eines Lebensversicherers reduziert gemäss einer anderen von Swiss Re zitierten Studie tendenziell die Volatilität der Eigenkapitalrendite, verlaufen doch die Rentabilitätszyklen nicht parallel. Fraglich sind die potenziellen Diversifikationsgewinne aus einer Fusion von einer Bank und einem Nichtlebenversicherer oder Wertpapierhaus. Allfinanzstrategien nach dem Muster der Allianz scheinen daher schwierig zu sein. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Allianz dem Beispiel der Zurich Financial Services folgt, die im September den 1997 übernommenen US-Vermögensverwalter Scudder nach massiven Mittelabflüssen verkaufte.