Frech oder dumm
Der Stimmbürger hat am 18.
Der Stimmbürger hat am 18. Mai ein Urteil von seltener Klarheit gefällt: Die Volksinitiative «Gesundheit muss bezahlbar bleiben», die ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen anstrebte, wurde von fast drei Vierteln der Stimmenden abgelehnt. Damit ist das Thema vom Tisch, müsste man meinen. Dem ist nicht so: Nur neun Tage nach der Abfuhr an der Urne kündigte ein Komitee die Lancierung einer neuen Initiative fast identischen Inhalts an. Gefordert wird eine Einheitskrankenkasse für den obligatorischen Bereich. Genau dazu hätte die abgelehnte Initiative auch geführt, die über einkommensabhängige Prämien, also über Steuern, finanziert worden wäre. Die Initiative wird lanciert von einem Sammelsurium links-grüner Gruppierungen, angeführt vom Mouvement Populaire des Familles über einige Gewerkschaften, kantonale SP-Sektionen, linksradikale Parteien aus der Westschweiz bis hin zu den Grünen. Die Initianten demonstrieren eine geradezu bestürzende Geringschätzung des Stimmbürgers und eines demokratischen Entscheids. Es muss zudem zu denken geben, dass sich mehrere gewählte Parlamentarier, allen voran der SP-Mann Franco Cavalli, hinter ein derart undemokratisches Vorgehen stellen. Der neue Vorstoss zielt auch sachlich daneben. Am Tag nach dem Medienauftritt der Initianten publizierte der Bundesrat eine Studie des Gesundheitsökonomen Willy Oggier mit dem etwas verwirrenden Titel «Vorteile einer Einheitskasse», die auf Betreiben der zuständigen nationalrätlichen Kommission in Auftrag gegeben worden war. Die Studie kommt zum Schluss, dass eine Einheitskasse kaum Vorteile, dafür gewichtige Nachteile aufweist. Weil die Konkurrenz fehlt, fallen Sparanreize weg, die Servicequalität und die Produktvielfalt leiden erfahrungsgemäss unter der Monopolsituation und die Mengenexpansion, das Kernproblem der steigenden Gesundheitskosten, würde eher noch verschärft. Die Studie folgert, dass eine Einheitskasse ein äusserst ineffizientes Instrument darstellt. Die neue Initiative wird damit erst recht zu einer Zwängerei schlechter Verlierer. Es wäre zu prüfen, ob der Unsitte, gleich nach einer verlorenen Abstimmung wieder einen Vorstoss zum selben Thema zu lancieren, mit einer Karenzfrist nicht ein Riegel geschoben werden könnte.Peter Morf - Redaktor