Garantiert Beitrittswille bessere Bonität?
Am Montag haben die Aussenminister der EU-Staaten den 1.
Am Montag haben die Aussenminister der EU-Staaten den 1. Mai 2004 als Stichtag für die Aufnahme der zehn neuen Mitglieder festgelegt. Damit wurde im Fahrplan für die Erweiterung, die im Grundsatz schon früher beschlossen worden war (vgl. FuW Nr. 77 vom 28. September), ein Eckwert gesetzt. Noch strittig sind finanzielle Fragen, besonders die Regelung der Übergangsfristen für das Niveau der Agrarsubventionen. - Wohl haben die Unterhändler den grössten Teil ihrer Arbeit erledigt – doch für die Rating-Agenturen, die die Kreditwürdigkeit von Regierungen, Banken und Industrieunternehmen der Anwärterstaaten prüfen, bleibt noch viel zu. Vergangene Woche hatte Moody’s die Obergrenze (Ceiling) und das Rating - für langfristige Verbindlichkeiten bzw. Staatsanleihen in Fremdwährung auf das (bis dahin höhere) Niveau der Lokalwährungsschulden erhöht (vgl. FuW Nr. 90 vom 13. November). - Anfang dieser Woche teilte Standard & Poor’s (S&P) mit, nicht mehr länger zwischen Fremdwährungs- und Lokalwährungsverbindlichkeiten zu unterscheiden, sofern der Beitritt zur Europäischen Währungsunion (EWU) gesichert sei. Noch ist es aber nicht so weit, auch wenn die Kandidatenländer danach trachten, den Euro möglichst rasch zu übernehmen. S&P beurteilt daher die Bonität von Fremd- und Lokalwährungsverbindlichkeiten nach wie vor unterschiedlich (vgl. Tabelle, ohne Zypern und Malta). Beide Rating-Agenturen gehen im Regelfall davon aus, dass z.B. Staatsanleihen in Lokalwährung tendenziell sicherer sind als solche in fremder Valuta, weil die Regierung die Notenpresse kontrolliert bzw. Druck auf die Notenbank ausüben kann; beides ist innerhalb der EU so nicht mehr möglich. - In einem anderen Punkt ist S&P hingegen schon länger von der Norm abgewichen: Private Emittenten aus den Kandidatenländern können – sofern sie das entsprechende Geschäfts- und Finanzprofil aufweisen – für Fremdwährungsschulden ein Rating erhalten, das über der jeweiligen Obergrenze ihres Domizillandes liegt. Das Ceiling für Private wurde von S&P auf A+ fixiert. - Während Moody’s erklärt, dass die Integration zwischen den Kandidaten und der Union de facto bereits «nahezu irreversibel» erscheine, ist S&P etwas vorsichtiger. Eine mehr als nur temporäre Abweichung von den fiskalischen Konvergenzindikatoren (z.B. Defizit oder Verschuldung) oder die Ablehnung des Beitritts in einer Volksabstimmung könnten die Kreditqualität verschlechtern – trotz des Engagements der Regierungen. - Dass sich die Bonität der EU-Anwärter nicht automatisch nach oben bewegt, bewies die Agentur gleich in der Praxis, indem sie am Dienstag die Note für Ungarns Forintschulden von A+ auf A reduzierte. Die höheren Staatsausgaben und das tiefere Wirtschaftswachstum gefährdeten die mittelfristigen Haushaltsziele der Regierung. Es reicht also nicht aus, dass eine Regierung EU-freundlich ist. Der Umkehrschluss, dass eine Absage an die Mitgliedschaft nicht zwingend eine Rating-Rückstufung nach sich zieht, liesse sich wohl ebenfalls vertreten.PK