Helvetia erschliesst neue Wachstumsquellen
Mit der neuen Strategie 2010 schwenkt der Schweizer Allbranchenversicherer Helvetia auf Wachstumskurs ein.
Mit der neuen Strategie 2010 schwenkt der Schweizer Allbranchenversicherer Helvetia auf Wachstumskurs ein. Das Volumen der Lebensversicherungssparte, die gut die Hälfte der Einnahmen erzeugt, soll im Durchschnitt pro Jahr 7% zulegen. Im Nichtlebenbereich strebt die in St. Gallen domizilierte Gruppe im Schnitt jährlich 4% mehr Prämien an. Sonderlich ehrgeizig erscheint das Programm nicht. Das ist aber durchaus beabsichtigt und spiegelt die Unternehmenskultur der Helvetia, die von Kontinuität und möglichst hoher Berechenbarkeit geprägt ist. - Eine überhastete Jagd nach Volumen wäre im derzeitigen Marktumfeld auch unklug. Europaweit neigen die Preise – und damit die Margen der Anbieter – im Schadenversicherungsgeschäft zur Schwäche. In der Lebensversicherung ist Wachstum unbedenklich, wegen der tiefen Zinsen jedoch schwer zu realisieren: Besonders der Vertrieb von traditionellen Einzellebenpolicen harzt branchenweit, weil die zinsniveaubedingt mageren Garantieangebote aus Kundensicht unattraktiv sind. - Um den Herausforderungen zu begegnen, ergreift die Führung der Helvetia unter Verwaltungsratspräsident und Chief Executive Officer (CEO) Erich Walser verschiedene Massnahmen: Zum einen will das Management in den bestehenden Auslandmärkten Deutschland (15% Prämienanteil im Konzern), Italien (11%) und Spanien (9%) kleinere Gesellschaften oder einzelne Versicherungsportefeuilles dazukaufen. Die Idee dahinter überzeugt: Ausserhalb der Schweiz, wo Helvetia als Nischenanbieter mit Schwerpunkt Nichtleben auftritt, kann der mittelgrosse Konzern durch Akquisitionen überdurchschnittlich rasch wachsen, ohne die Verdienstmarge zu schmälern. Das nötige Geld ist seit der Aktienkapitalerhöhung Ende 2004 und dank der soliden Eigenmittelausstattung vorhanden. Vergangenes Jahr hat Helvetia potenzielle Akquisitionsziele unter die Lupe genommen, wurde jedoch nicht handelseinig. Die Preise im Markt für Fusionen und Übernahmen seien mittlerweile hoch, erklärt CEO Walser im Gespräch. Er hofft, dass sich die Situation bis Ende der Strategieperiode 2010 entspannen wird. Ein wichtiger Faktor, der die Konzentration in den noch zersplitterten Versicherungsmärkten Deutschland, Italien und Spanien vorantreibe, seien die neuen, risikobasierten Eigenmittelvorschriften (Stichwort Solvency II). Walser bestätigt damit die allgemeine Auffassung, wonach die Konsolidierung in Europas Assekuranz erst begonnen hat. - Als Wachstumstreiber auf dem Heimmarkt steht die Kooperation mit dem Verband der Raiffeisenbanken im Vordergrund. «Wir haben, was den Versicherungsvertrieb über den Bankenkanal angeht, mit Raiffeisen in der Schweiz den bestmöglichen Partner», zeigt sich Walser überzeugt. «Das Potenzial ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft.» Erst vor wenigen Monaten wurde die Zusammenarbeit auf Nichtlebenprodukte für die Baufinanzierung ausgeweitet. Die strategische Bedeutung der Kooperation wird dadurch untermauert, dass Raiffeisen die Beteiligung an Helvetia im Rahmen des Aktionärspools jüngst von 2,7 auf 4% erhöhte, während die Patria Genossenschaft ihren Anteil von 33,3 auf rund 31% senkte. - Der Aktionärspool (vgl. Aktienstatistik), zu dem auch die Bank Vontobel gehört, bietet der Gruppe einen gewissen Schutz vor unerwünschten Avancen der Konkurrenz. Es ist aber nicht Übernahmefantasie, sondern die fundamental gute Marktposition, welche die im Branchenvergleich überdurchschnittliche Bewertung zum Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV 2006) von 11 rechtfertigt. Der sorgfältig geplante, auf Anfang September angekündigte Generationenwechsel an der Unternehmensspitze – CEO Walser macht den Chefsessel für den 37-jährigen Stefan Loacker frei – bedeutet, dass Helvetia künftig dosiert höhere Risiken eingehen und rascher wachsen wird. Management und Strategie lassen erwarten, dass die Gewinnkraft des Konzerns in den kommenden Jahren schrittweise zunimmt. Das spricht für ein langfristiges Engagement in den Aktien.