Hohe Innovationsgeschwindigkeit der Medizinalausrüster-Industrie – Neue Arterienkatheter – J&J, Medtronic und St. Jude kaufen
Der US-Pharmakonzern und -Medizinalzulieferer Johnson & Johnson (J&J) will die Krone im rasch wachsenden Markt für Arterienkatheter (Stents) zurückgewinnen.
Der US-Pharmakonzern und -Medizinalzulieferer Johnson & Johnson (J&J) will die Krone im rasch wachsenden Markt für Arterienkatheter (Stents) zurückgewinnen. Noch vor vier Jahren hielt der Konzern – der im Jahr 1994 den Arterienkatheter erfand – einen Marktanteil von 95%. Dieser Wert ist auf 11% zurückgegangen. Auf Kardiologie (Herz- und Herzkranzgefässchirurgie) fokussierte Konkurrenten wie Guidant (Marktanteil 38%), Medtronic (29%) und Boston Scientific (20%) sind am diversifizierten Konzern vorbeigezogen. Das Stent-Markt-Volumen soll sich bis 2004 auf 4,1 Mrd.$ verdoppeln. - Die Diversifikation in Medizinaltechnologie und Pharma wurde J&J lange als Verzettelung vorgeworfen. Nun erweist sie sich als Vorteil. Denn die neue Zauberwaffe im Stent-Bereich sollen mit Medikamenten beschichtete Arterienkatheter werden. Das Medikament verhindert, dass die Arterie sich wieder verengt. Kardiologen plazieren Stents in operativ gereinigten Arterien. Mit Federn oder Ballons werden die Blutleitungen ausgedehnt. In 20 bis 35% der Fälle verklumpt das Blut wieder, und die Arterien müssen abermals operativ gereinigt werden. Der US-Bevölkerung ist die Problematik durch Dick Cheney ins Bewusstsein gerufen worden. Der US-Vizepräsident musste seine Blutgefässe operativ reinigen, nachdem ihm erst vergangenen November Stents eingesetzt worden waren. J&J will seine Stents mit einer Substanz beschichten, die die Verklumpung der Blutzellen verhindert. Die neuen Stents werden im Jahr 2003 lanciert. In einer Analyse schätzt die Banc of America, dass J&J mit diesem revolutionären Katheter drei Viertel des Stent-Markts beherrschen wird. Entscheidend wird sein, wie die Patiententests für das neue Produkt an der europäischen Kardiologie-Konferenz in Stockholm, die am Samstag beginnt, aufgenommen werden. Die Konkurrenten im Stent-Bereich müssen sich etwas einfallen lassen. Guidant hat am 20.August eine Kooperation mit Stent-Hersteller Cook angekündigt. J&J verfügt indes über einen Vorsprung von mindestens einem Jahr. - Medtronic hat vor kurzem die Vertriebsbewilligung für einen neuen Herzschrittmacher erhalten. Während die herkömmlichen Modelle an nur einer oder zwei Stellen des Herzens angeschlossen waren, stimuliert das neue Produkt drei Herzkammern. Das dritte Element synchronisiert die Tätigkeit der linken und der rechten Herzkammer. Operierte Herzen tendieren dazu, ihr Volumen auszudehnen, und neigen zu asynchroner Tätigkeit. - An ihrer Präsentation in Zürich erläutert Sandra Hollenhorst, Analystin für Prudential Securities, wieso sie auf J&J und Medtronic setzt. Medizinaltechnik-Investoren bevorzugen Unternehmen mit am Beginn des Lebenszyklus stehenden Produkten. Ein hoher Innovationsstandard sei überlebenswichtig. Rund 60 bis 70% des gesamten Medtech-Umsatzes werden mit Produkten erzielt, die weniger als zwei Jahre alt sind. Die über 50-jährige Medtronic habe sich in diesem Lancierungswettlauf gut behaupten können. Die Prudential-Analystin setzt auch auf die Titel von St. Jude Medical, die mit einer neuen Generation von Defibrillatoren (Kreislauf-Reanimtionsgeräte) überzeugt und beispielsweise Guidant Marktanteile im Schrittmacherbereich streitig machen wird. Ein Erfolg mit Defibrillatoren übersetzt sich in einen Verkaufszuwachs in Schrittmachern und umgekehrt, da die Produkte durch die gleichen Verkaufsteams vertrieben werden. Zudem profitiert St. Judes von einer One-source- Vertriebskooperation mit J&J. Eine gemeinsame Verkaufsorganisation bietet eine komplette Kardiologie-Produktpalette an. - Die amerikanischen Konkurrenten von Sulzer Medica profitierten von den Problemen des Schweizer Unternehmens im Bereich der künstlichen Hüft- und Kniegelenke. Die Titel von Unternehmen wie Stryker und Biomet sind dadurch teuer. Sulzer Medica hat mit dem Kauf von Intra Therapeutics zu Beginn des Jahres den Einstieg ins Stent-Geschäft gewagt, wird aber durch die Schadenersatzklagen im Zusammenhang mit defekten künstlichen Hüftgelenken über längere Zeit absorbiert sein. Auch Jomed steht in Verhandlungen mit einem grossen Pharmakonzern. Das niederländische Unternehmen will im lukrativen Markt medikamentenbeschichteter Arterienkatheter mitreden.