Hot Corner: Der andere Netzwerker
Der Kurs des Weltmarktführer in der Chemiedistribution Brenntag kennt seit September nur eine Richtung: nach unten.
Eine rote Marke im Bloomberg-System macht keine Freude. Sie signalisiert ein 52-Wochen-Tief. Brenntag (Frankfurt: BNR, 40.95 €, 6,32 Mrd. € Börsenkapitalisierung), Weltmarktführer in der Chemiedistribution, hatte dieser Tage eine solche Kennzeichnung. Doch das angezeigte 52-Wochen-Tief war zugleich ein 4-Jahres-Tief.
Seit Ende September kennt der Kurs des MDax-Werts nur eine Richtung: nach unten – obwohl das Geschäft wenig zyklisch ist. Demgegenüber hat sich an den Gewinnschätzungen wenig geändert. Gemäss Bloomberg-Konsens soll der Ertrag weiter steigen, auch nach 2019. Dasselbe gilt für den Umsatz. Als Folge davon sind auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis und die Relation von Unternehmenswert zu Ebitda (Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation) mit 13 respektive 9 auf 12-Monate-Sicht auf ein Mehrjahrestief abgerutscht.
«In diesem Masse ist die Korrektur schwer nachvollziehbar», meint Analyst Christian Obst von der Baader Bank in München; er empfiehlt die Aktien mit Kursziel 62 € zum Kauf. Vieles spricht dafür, dass der steigende Trend im Geschäft von Brenntag anhält. Grösse und eine globale Aufstellung sind in der zerstückelten Branche grundsätzlich ein Vorteil, und Brenntag hat beides.
Als Mittler zwischen Chemieproduzenten und der weiterverarbeitenden Industrie kauft der Konzern grosse Mengen an Industrie- und Spezialchemikalien ein. So kann er Skaleneffekte realisieren und ein breites Sortiment an Produkten (über 10‘000) und Diensten anbieten. Das Netzwerk umfasst über fünfhundertdreissig Standorte in vierundsiebzig Ländern, über die rund 185‘000 Kunden bedient werden. Über Zukäufe baut die aus einem Eiergrosshandel entstandene und 1912 als Brennstoff-, Chemikalien- und Transport AG in die Chemiedistribution eingestiegene Brenntag ihr Netzwerk zudem laufend aus.
Die Krux besteht laut Analyst Obst allerdings darin, dass sich die Netzwerksynergien in der Profitabilität nicht wirklich zeigen. Trotz solider Zahlen, inklusive eines regelmässigen freien Cashflows, seien die vergangenen Jahre ein Sammelsurium kleiner Enttäuschungen gewesen. Die Profitabilität hat sich nicht wie erhofft entwickelt. Für 2018 stellt Brenntag 870 bis 900 (i. V. 836) Mio. € Ebitda in Aussicht. Der Umsatz wird von Analysten auf 13 (11,7) Mrd. € geschätzt.
Angesichts der erhöhten Unsicherheit scheint nun manch ein Geduldsfaden gerissen zu sein. Doch von dreiundzwanzig durch Bloomberg erfassten Analysten raten einundzwanzig, die Titel zu kaufen oder zu halten (vierzehn respektive sieben). Dahinter steht die Zuversicht, dass das Management verstanden hat, in welche Richtung zu arbeiten ist, und dass die schon eingeleiteten Massnahmen greifen werden. Das braucht zwar Zeit, scheint aber eine Wette wert zu sein.
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