Hot Corner: Zu stark abgestraft
Die Massenproteste in Chile ziehen auch Cencosud in Mitleidenschaft. Der grösste Detailhändler des Landes hat mit einem Programm zur Effizienzsteigerung reagiert.
Mit dem Ausbruch der Coronavirusepidemie sind innenpolitische Probleme vielerorts aus dem Blickfeld gerückt. So ist in den globalen Medien zurzeit kaum von den Massenprotesten in Chile zu hören, obschon sie das südamerikanische Land weiterhin in Atem halten.
Seit Beginn der regierungskritischen Demonstrationen, die sich letzten Oktober an einer Preiserhöhung im Nahverkehr entzündeten, wurden rund dreissig Personen getötet und Tausende verletzt. Inzwischen hat die chilenische Notenbank die Wachstumsprognose für 2020 um über zwei Prozentpunkte auf 0,5 bis 1,5% gesenkt. Und während viele Börsen vor der Viruspanik noch neue Höchst markierten, steckt der lokale Leitindex Ipsa bereits seit Anfang 2018 in einem Abwärtstrend fest.
Wichtiger Heimmarkt
Die Misere Chiles spiegelt sich in den Valoren von Cencosud (Santiago de Chile: 986 Peso am Dienstag, umgerechnet rund 3,3 Mrd. Fr. Börsenwert), deren Kurs sich gegenüber dem Zwischenhoch von 2016 mehr als halbiert hat. Zwar ist der grösste Detailhändler des Landes auch in Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Peru präsent. Doch trägt der Heimmarkt auf Stufe Ebitda (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation) weiterhin fast 60% zum Gesamtergebnis bei.
Während sich die konjunkturellen Aussichten eingetrübt haben, versucht Cencosud zumindest auf operativer Ebene Gegensteuer zu geben. So hat der Konzern ein Effizienzprogramm lanciert, das etwa über den Abbau des Lagerbestandes und eine verstärkte Automatisierung die Profitabilität erhöhen soll. Gemäss Prognosen der Analysten von JPMorgan dürften sich die Ebitda-Margen in diesem Jahr deshalb um fast einen Prozentpunkt auf 11% ausweiten.
Abschlag zur Konkurrenz
Im Zuge der Kursschwäche hat sich das Bewertungsniveau der Aktien deutlich verringert. So notiert das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020 mit 13 inzwischen deutlich unter dem langfristigen Mittel von 16 – ein Abschlag, der trotz des schwierigen Marktumfelds vergleichsweise gross erscheint. Auch im Vergleich mit Wettbewerber Falabella werden die Titel mit einem Discount gehandelt, obwohl es Cencosud zurzeit besser läuft.
Ganz grundsätzlich dürfte Cencosud weniger leiden als die Gesamtbranche und im Jahresverlauf sogar Marktanteile dazugewinnen. So weisen die Analysten von JPMorgan darauf hin, dass Einkaufszentren – die im Portfolio von Cencosud eine wichtige Rolle spielen – bislang weniger stark von den Unruhen getroffen wurden als kleinere Shops.
Ein gewisses Risiko besteht derweil in den Verbindlichkeiten: Das Verhältnis zwischen Nettoverschuldung und Gewinn auf Stufe Ebitda notiert aktuell bei rund 3,3. Dieser Verschuldungsgrad liegt im Rahmen des Akzeptablen – jedoch nur, sofern sich das konjunkturelle Umfeld nicht drastisch verschlechtert.
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