Indien brüskiert ausländische Fondsanleger
Als ob die scharfe Kurskorrektur an der Bombay-Börse nicht schon massiv genug gewesen wäre.
Als ob die scharfe Kurskorrektur an der Bombay-Börse nicht schon massiv genug gewesen wäre. Zu Beginn dieser Woche verunsicherte der indische Fiskus ausländische Institutionelle und verschärfte damit den Abgabedruck, der auf dem Aktienmarkt lastete. Indien forderte von 24 ausländischen, auf Mauritius domizilierten Fondsgesellschaften Steuern auf Kapitalgewinne – und zwar rückwirkend. Am Donnerstag jedoch vollzog die indische Regierung überraschend eine abrupte Kehrtwendung. - Am 31.März, am letzten Tag des Fiskaljahres 1999/2000, hatte die indische Steuerbehörde ausländischen Fondsgesellschaften quasi den Wind aus den Segeln genommen, indem sie gegenüber den so genannten Foreign institutional investors (FII) die Anwendbarkeit des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Indien und Mauritius verneinte. Als Folge davon hätten die Steuerrechnungen für die Steuerjahre 1996/97 und folgende revidiert werden müssen. Konkret bedeutete die Anordnung, dass die in erster Linie offenen Fonds zu millionenhohen Steuerzahlungen auf vergangene sowie auf zukünftige Kapitalgewinne herangezogen werden konnten. Weil Mauritius als einziges Land weltweit ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Indien unterhält, selbst aber keine Steuern auf Kapitalgewinne erhebt, haben sich FII vorzugsweise auf der Sonneninsel niedergelassen und von diesem Steuerhafen aus ihre Investitionen getätigt. Dank diesem Steuerschlupfloch konnten sie die Kapitalgewinnsteuer umgehen, die in Indien hohe 30% beträgt. - Doch damit nicht genug: Den betroffenen FII war es untersagt, Kapital abzuziehen, wenn sie nicht eine Bescheinigung vorlegen konnten. Das so genannte No objection certificate erlangten sie entweder durch die entsprechende Steuerzahlung oder durch einen Nachweis, der sie von der Steuerpflicht befreit. Die FII reagierten auf den Steuerbescheid, indem sie zeitweise den Handel in ihren Indien-Fonds einstellten – unter anderen der HSBC Indian Equity Fund und der Fleming India Fund. Kauf- und Verkaufsaufträge wurden nicht mehr entgegengenommen. - Nach den scharfen Protesten der FII und dem Kurseinbruch in Bombay hat Indien am Donnerstag das Kapitalausfuhrverbot für die Fonds vorübergehend aufgehoben und sich bereit erklärt, das Steuerdossier neu zu überprüfen. Die Indien-Börse reagierte am Freitag erleichtert mit einem Kurssprung um 6,8% auf 5198. Umstritten an diesem Fall ist die willkürliche Auswahl der Fonds, die von der Steuerbehörde aufs Korn genommen wurden. Ein entsprechender Regierungsentscheid wird nun bis spätestens 26.April erwartet. Solange der Ausgang der kontroversen Steuerdebatte nicht klar ist, wird das Börsengeschehen in Bombay von hoher Volatilität geprägt sein.TP