«Lohnerhöhungen sind möglich und nötig» – so ist die Medienmitteilung der Gewerkschaft Travail.Suisse zur anstehenden Lohnrunde 2017 überschrieben. Der Dachverband fordert eine generelle Lohnerhöhung von 1%. Die Arbeitnehmer hätten in den vergangenen schwierigen Jahren Flexibilität gezeigt und den Unternehmen geholfen, wettbewerbsfähig zu bleiben, indem sie zum Teil Arbeitszeitverlängerungen und stagnierende Löhne in Kauf genommen hätten. Dieser Teil der Argumentation ist durchaus nachvollziehbar und legitim.
Travail.Suisse wird vom Gewerkschaftsbund unterstützt, allerdings mit einer abenteuerlichen Begründung. Chefökonom Daniel Lampart wies darauf hin, dass die Lebenshaltungskosten stiegen, wenn die niedrigen Ölpreise aus dem Index herausgerechnet würden. So würden etwa die Krankenkassenprämien für die Konsumenten negativ zu Buche schlagen.
Es ist jedoch zu einfach, die preissenkenden Effekte der Ölpreise einfach auszuklammern, dann steigende Lebenshaltungskosten auszumachen und damit höhere Löhne zu legitimieren. Zur Erinnerung: Im Juli sind die Konsumentenpreise gemessen am Vormonat 0,4% gesunken und gemessen am Vorjahresmonat 0,2%. Ganz abgesehen davon, dass die Unternehmen ihre Lohngestaltung nicht nach den Krankenkassenprämien ausrichten können – und schon gar nicht sollen.
Geradezu wohltuend wirken im Vergleich dazu die Forderungen des Verbands Angestellte Schweiz, der die «Angestellten aus dem Mittelstand» vertritt. Er verlangt mindestens 0,5% mehr Lohn, verzichtet jedoch explizit auf die Forderung nach flächendeckenden Erhöhungen. Der Verband hat – im Gegensatz zu Travail.Suisse und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund – verstanden, dass die Unterschiede der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen den Branchen und auch innerhalb der Branchen zwischen den einzelnen Unternehmen zu gross sind, als dass sie einfach über einen Leisten geschlagen werden können.
Pauschale Lohnerhöhungen bringen die strukturell schwächeren Unternehmen rasch in arge Bedrängnis. Das gilt verstärkt in einer Situation, wie sie derzeit herrscht: Die Konjunktur ist national wie auch international nach wie vor wacklig. Zudem verengt der hohe Frankenkurs vor allem in der Industrie massiv die Margen. Unternehmen, die dadurch unter Druck geraten sind – und deren gibt es viele –, brauchen zunächst etwas Luft, um sich wieder zu erholen und die Marge auszuweiten. Da ist es kontraproduktiv, bei ersten Lichtblicken die Margen über hohe Lohnforderungen gleich wieder zu beschneiden.
Ja, Arbeitnehmer sind am Aufschwung zu beteiligen. Wenn sich diese Beteiligung aber nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Unternehmen richtet, kann die Erholung allzu rasch wieder abgewürgt werden. Lohnerhöhungen sind daher individuell, nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der einzelnen Unternehmen zu gewähren, und nicht nach politisch motivierten Wünschen von Gewerkschaftsfunktionären.
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Lohnrunde 2017: Individuell statt pauschal
Die Löhne haben sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu richten. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.