Inferno-Triathlon-Sieger wird Vögele-Verkaufschef
Der Charles-Vögele-Verwaltungsrat ernennt einen Migros-Chef zum Mitglied der Konzernleitung. Matthias Wunderlin liebt das Abenteuer und scheut das Risiko nicht. Er hat noch viel vor.

Was hat ein Möbelhaus- und Baumarktchef mit der Mode am Hut? «Sehr viel», sagt Matthias Wunderlin, der momentan noch die Migros-Töchter Micasa und Do it & Garden leitet. Per November wird er Leiter Verkauf und Marketing beim Modekonzern Charles Vögele. «Chief Sales Officer» heisst die offizielle Bezeichnung. «Bei der Wohnungseinrichtung orientieren wir uns sehr stark an der Mode, bei der Farbe, bei den Stoffen und den Accessoires.» Früher habe er beim Unternehmensberater McKinsey verschiedene Projekte im Modebereich betreut. Dabei war auch ein Restrukturierungsfall. Namen darf er keine nennen. McKinsey hat einst Migros unter die Lupe genommen. Die Genossenschaft war so angetan von Wunderlin, dass sie ihn vor fünf Jahren gleich zum Chef ihrer kriselnden Möbelhauskette ernannte. Dort hat er in kurzer Zeit Micasa aufgemöbelt und zu profitablem Wachstum geführt.
«Normaler Rekrutierungsprozess»
Es kann kaum Zufall sein, dass ein Migros-Mann Verkaufschef des Modekonzerns wird. Schliesslich ist die Genossenschaft mit 25% an Charles Vögele beteiligt. «Es war ein ganz normaler Rekrutierungsprozess. Migros hat nichts davon gewusst», beteuert Wunderlin. Er wird sich beim Modekonzern vor allem um die Läden und das Marketing kümmern. «Die Marke Charles Vögele hat ein grosses Potenzial», ist er überzeugt.
Bei Migros bedauert man den Abgang sehr, heisst es aus der Konzernzentrale. Micasa sei auf gutem Weg, beim Baumarkt, den er nur ein Jahr geleitet habe, gehe er zu früh, «aber ich wollte mir das spannende Angebot, in einem internationalen kotierten Konzern eine Leitungsfunktion zu übernehmen, nicht entgehen lassen». Noch immer ist Charles Vögele auf der Suche nach einem Einkaufschef – Pardon, «Chief Purchasing Officer». Auch die CEO-Position wird nur interimistisch vom Finanzchef Markus Voegeli besetzt.
Ehemaliger Triathlon-Profi
Der Triathlonsportler wird Kraft und Ausdauer gebrauchen können, um den Modekonzern zu retten. Das Unternehmen steckt in einer tiefen Krise. Im vergangenen Jahr schrieb es einen Verlust von 109 Mio. Fr. Anfang Juli brach der Aktienkurs zwischenzeitlich um 17% ein auf ein Rekordtief von 7 Fr. pro Titel. Seit mehr als einem Jahrzehnt macht der Konzern mit Gewinnwarnungen auf sich aufmerksam, und der Umsatz ist seit 2000 um 40% zurückgegangen.
Doch das schreckt Wunderlin nicht ab. Schliesslich ist er sich Härteres gewohnt. Zehn Jahre lang nahm er an Triathlonwettkämpfen teil, zwei Jahre lang gar als Profi. Er war Mitglied der Triathlon-Nationalmannschaft und hat als Erster den Inferno-Triathlon von Thun aufs Schilthorn gewonnen, bei dem die 155 km lange Strecke mit 5500 Steigungsmetern schwimmend, auf dem Renn- und dem Bergvelo sowie laufend zurückgelegt wird.
Noch nicht in der Zielgruppe
Das rosarote Hemd, das der Athlet beim Gespräch trägt, hat er nicht bei Vögele gekauft, sondern liess es nach Mass schneidern. Mit seinen 1,93 m Körpergrösse finde er selten was von der Stange. «Ich habe schon lange nichts mehr bei Charles Vögele gekauft», gibt er zu. «Aber ich gehöre ja auch nicht zur Zielgruppe vierzig plus», sagt der 39-Jährige, der nie um eine gute Antwort verlegen ist. In Zukunft werde er seine Kleider aber bei Charles Vögele kaufen. Schliesslich sei sein Haus in Zürich Höngg, wo er mit Gemahlin und drei kleinen Buben wohnt, auch mit Micasa-Möbeln eingerichtet. Früher sei er dort auch nicht Kunde gewesen.
Die Wurzeln des ausgebildeten Ökonomen liegen bei der Post. Bis zu seinem Vater waren seine Vorfahren fünf Generationen hintereinander Posthalter im Kanton Aargau. Diese Tradition sei vorüber, mit Ausnahme seiner Abneigung gegen Hunde. Seine Frau, eine Tierärztin, habe sich damit abgefunden. Ausser bei Hunden hat er das Risiko noch nie gescheut.
Wenn er den Turnaround nicht schafft, wer dann.
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