Infosys im Milliardenclub
Wenn China die Weltfabrik ist, so entwickelt sich das benachbarte Indien zum globalen Dienstleistungszentrum.
Wenn China die Weltfabrik ist, so entwickelt sich das benachbarte Indien zum globalen Dienstleistungszentrum. Dank der Sprachvorteile des Englischen und einer günstigen Zeitdifferenz zu Europa wie zu den Vereinigten Staaten schickt sich die lokale IT-Industrie an, in der Wertschöpfungskette weiter nach oben zu klettern. Ersichtlich wird das an einem beschleunigten Wirtschaftswachstum in Indien, zu dessen Bruttoinlandprodukt der IT- und Softwaresektor im Fiskaljahr 2003 (per Ende März 2004) erstmals mehr als 50% beigesteuert haben dürfte (vgl. FuW Nr. 27 vom 7.April). - Unterstützt wird der IT-Aufschwung durch das Auslagern ganzer Geschäftsprozesse westlicher Unternehmen, das so genannte Business process outsourcing (BPO). Wie erfolgreich die Inder auf diesem Gebiet sind, zeigt sich auch daran, dass in den USA Präsident George W. Bush und sein Herausforderer John Kerry die Abwanderung von IT-Arbeitsplätzen nach Indien zu einem Wahlkampfthema erhoben haben. Noch erwirtschaftet Indiens Softwarebranche gut zwei Drittel ihres Umsatzes mit amerikanischen Gesellschaften, aber die US-Zentriertheit beginnt sich durch die Bestrebungen indischer Unternehmen, nach Europa und Asien zu expandieren, allmählich zu wandeln. - Zu den grössten BPO-Gewinnern gehört Infosys Technologies, das mit Konzernen wie IBM, Accenture und Electronic Data Systems konkurrenziert. Die Softwareschmiede hat im Fiskaljahr 2003/04 wie zuvor schon die nicht kotierte Tata Consultancy Services erstmals mehr als 1 Mrd.$ Umsatz eingefahren (auch Wipro, die noch in dieser Woche ihren Leistungsausweis offen legt, dürfte sich in den illustren Club der Umsatzmilliardäre eingereiht haben). Das in Bangalore ansässige, landesweit grösste IT-Dienstleistungsunternehmen wies einen Umsatzzuwachs von 33% auf 48,5 Mrd. indische Rupien (1,1 Mrd.$) aus. Der Gewinn stieg im Jahresvergleich 30% auf 12,4 Mrd. Rupien (284 Mio.$). Das Unternehmen schüttet zusätzlich zur Schlussdividende von 15 Rupien eine Sonderdividende von 100 Rupien aus und gibt zudem für jede bestehende Aktie drei Bonuspapiere aus. - Infosys erwirtschaftet gut 80% seines Verkaufserlöses auf dem US-Markt. Doch ungeachtet der zunehmend lauten protektionistischen Rufe in den USA bleibt das Unternehmen in Amerika vorläufig auf dem Erfolgspfad. Unlängst hat es eine Consulting-Gesellschaft in Fremont, Kalifornien, mit zunächst 75 Mitarbeitern gegründet. Insgesamt hat Infosys als einer der beliebtesten Arbeitgeber in Indien im vergangenen Jahr zahlreiche Stellen geschaffen: Ende 2003 beschäftigte es 2245 Fachkräfte mehr als zu Beginn des Jahres; schon 2002 wuchs die Lohnliste um rund 10000 Mitarbeiter. - Für das Fiskaljahr 2004 bleibt Infosys trotz der zum Dollar fester tendierenden Landeswährung zuversichtlicher, als es die meisten Analysten erwartet haben. Das Management um Chief Executive Officer Nandan N. Nilekani sagt ein Umsatzwachstum von 30% und einen Sprung des Gewinns pro Aktie von rund 20% vorher. An der Börse Bombay schlossen die auch am Nasdaq gehandelten Infosys Technologies am Dienstag 6,8% höher auf 5490.20 Rupien; zeitweise waren sie gar mehr als 15% gestiegen. An der US-Technologiebörse werden sie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 41 für das laufende Geschäftsjahr gehandelt, was selbst im Branchenvergleich eine hohe Bewertung ist. Sie werden sich daher kurzfristig im Einklang mit dem Gesamtmarkt entwickeln.