Iran sorgt für Nervosität
Zum wiederholten Mal versetzt der Iran die Ölmärkte in Aufregung: Vergangene Woche haben seine Sicherheitskräfte fünfzehn Seeleute festgenommen, weil sie in iranisches Hoheitsgewässer eingedrungen sein sollen.
Zum wiederholten Mal versetzt der Iran die Ölmärkte in Aufregung: Vergangene Woche haben seine Sicherheitskräfte fünfzehn Seeleute festgenommen, weil sie in iranisches Hoheitsgewässer eingedrungen sein sollen. Grossbritannien schaltete den Uno-Sicherheitsrat ein, was der Iran offenbar als Affront verstand. - In dieser aufgeheizten Stimmung avancierte der Rohölpreis zwischenzeitlich auf 68$ pro Fass. So teuer waren die 159Liter zuletzt vor einem halben Jahr gewesen. Bis Wochenschluss gaben die Notierungen nur leicht nach. Am Freitag kostete Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) knapp 67$. - Der Iran spielt für die weltweite Energieversorgung eine entscheidende Rolle: Er ist der viertgrösste Exporteur von Rohöl. 2005 belieferte er das Ausland gemäss dem Kartell Opec mit Öl im Gegenwert von 42,3 Mrd.$, wobei er täglich 4 Mio. Fass förderte. Dank seiner Reserven im Umfang von 137,5 Mrd. Fass wird das Land auch auf lange Sicht einer der Hauptakteure bleiben, rangiert es doch gemäss BP nach Saudi-Arabien an zweiter Stelle der ölreichsten Länder – die Ölsande Kanadas nicht eingerechnet. Der Iran verfügt zudem nach Russland über die zweitgrössten Gasvorräte. - Eine Schlüsselposition kommt der islamischen Republik dank der von ihr kontrollierten Strasse von Hormus auch im Transport von Rohöl zu. Durch diese Meerenge zwängen sich der Schiffsverkehr mit den Ölhäfen Kuwaits, Bahrains, des Iraks, der Vereinigten Arabischen Emirate und des Irans sowie der grösste Teil des Handels mit Saudi-Arabien. Auf Tankern werden täglich 16 bis 17 Mio. Fass Rohöl und 2 Mio. Fass raffinierte Produkte durch Hormus transportiert. Rund zwei Fünftel des weltweit gehandelten Öls sind somit von einem reibungslosen Ablauf in der Meeresenge abhängig. - Im aktuellen Konflikt hat der Iran zwar noch nicht mit der «Ölwaffe» gedroht. Vergangenen Sommer aber hatte die Regierung betont, sie könnte im Streit um das Atomprogramm dazu greifen, «wenn sie sich von den Industriestaaten dazu gezwungen sähe». Dass der Iran tatsächlich seine Ölförderung drosselt oder gar den Schiffsverkehr durch die Strasse von Hormus behindert, ist nicht anzunehmen, würde er sich doch wegen seiner Abhängigkeit vom Ölgeschäft ins eigene Fleisch schneiden. Doch dass er erneut damit droht, wenn sich der Zwist mit Grossbritannien und/oder der Konflikt um das Atomprogramm verschärfen, ist anzunehmen. Über die kommenden Wochen hinweg dürfte der Ölpreis deshalb auf hohem Niveau verharren, zumal nun erste Prognosen für die Wirbelsturmsaison im Golf von Mexiko abgegeben werden und sich der Streik im weltweit drittgrössten «Ölhafen» in Frankreich fortsetzt.BM