Wenn in Japan Erneuerungswahlen für das Oberhaus abgehalten werden, so trifft das anderswo in Asien gewöhnlich auf relativ wenig Interesse. Doch wenn am Sonntag die Hälfte der Sitze der zweiten Parlamentskammer neu besetzt wird, so ist es für einmal anders. Das hat mit Shinzo Abe zu tun, dem neuen japanischen Premierminister, der mit seinem unkonventionellen wirtschaftspolitischen Kurs wie auch mit seinem forschen nationalistischen Ton die ganze Region hat aufhorchen lassen.
Sollte seine Liberaldemokratische Partei in dem bisher von der Opposition kontrollierten Oberhaus die Mehrheit erlangen, so könnte sein Programm beschleunigt in die Tat umgesetzt werden. Japan ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten wegen seiner gigantischen öffentlichen Schulden, einer überalterten Bevölkerung und seiner wenig flexiblen Unternehmen gerade auch von seinen dynamischeren asiatischen Nachbarn abgeschrieben worden.
Zurück zu alter Stärke
Es könnte jedoch dank wirtschaftlichen und politischen Reformen zu seiner alten Stärke zurückfinden. Diese Aussicht verbreitet in Asien Hoffnung und Angst zugleich. Japan stand über weite Strecken der vergangenen 150 Jahre wegen seiner rasanten Modernisierung für Asien Modell. Das traf vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aber auch in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zu, als das Land gleich zweimal praktisch aus dem Nichts heraus in kurzer Zeit wirtschaftlich zur Weltspitze aufschloss. Für Asien war das ein Beweis, dass auch unterentwickelte Länder führende Industrienationen werden können.
Grosse Herausforderungen
Ostasiatische Volkswirtschaften wie China, Südkorea oder Singapur stehen wegen ihrer rasant alternden Bevölkerung aber bald schon vor denselben Problemen, mit denen Japan heute kämpft. Diese werden sich in absehbarer Zeit deutlich negativ auf die öffentlichen Finanzen der betreffenden Länder auswirken. Gleichzeitig stehen sie wegen ihrer das Wirtschaftsleben dominierenden, wenig flexiblen und zum Teil vom Staat geschützten Konzerne vor grossen Herausforderungen. Sollte Shinzo Abe Japan aus der Stagnation führen, so würde das auch anderen asiatischen Volkswirtschaften den Weg in die Zukunft weisen.
Doch der Premierminister will durch eine Verfassungsänderung auch der Armee eine wichtigere Stellung einräumen. Diese Aussicht löst bei den Nachbarn, die während des Zweien Weltkrieges von Japan besetzt waren, Nervosität aus. Die Geschichte wird sich wahrscheinlich nicht wiederholen, doch könnte mit den Wahlen vom Sonntag in Asien eine neue Dynamik entstehen.
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Japans Wahlen könnten in Asien eine neue Dynamik auslösen
Die Reformen Shinzo Abes rufen sowohl Hoffnung als auch Angst hervor. Ein Kommentar von Ernst Herb.