Kaffee mit...
Andreas Gähwiler, Gründer von Nuffinz

Der Gründer mag freche Wortspiele. Das fängt schon beim Namen seines Start-ups an: Nuffinz . «Das kommt vom englischen Nuffin, ein Slangwort für nothing, also nichts», sagt Andreas Gähwiler beim Kaffee in der Redaktionskantine. Nichts bedeutet in diesem Fall, nichts drunter, unter der kurzen Hose, sorry, unter den «bequemsten Shorts der Welt». Der Claim seines Unternehmens setzt noch einen drauf: «Free your balls», heisst es da. Das sei im übertragenen Sinne gemeint: «Folge deiner Leidenschaft. Denk weniger und spüre mehr. Habe die Eier dazu.»
Mit dem Claim macht sich Gähwiler auch selbst Mut, denn der 44-Jährige hat nicht immer über das Internet kurze Hosen verkauft. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der HSG mit der Vertiefungsrichtung Informationsmanagement arbeitete er jahrelang in Onlineagenturen und Unternehmensberatungen, zuletzt als Partner bei V-labs in Österreich, wo im Kundenauftrag Geschäftsmodelle entwickelt und implementiert werden. «Es war eine schwere Entscheidung, aus einem sicheren, gut bezahlten Job ins volle Risiko zu gehen. Da hat es Balls gebraucht», beschreibt er seine Metamorphose vom Berater zum Gründer einer Modemarke.
Dieser Absprung kam allerdings nicht aus heiterem Himmel, sondern war Folge der Beratertätigkeit. «Ich bekam den Eindruck, da draussen tobt die digitale Revolution. Der E-Commerce ging durch die Decke. Alles wurde plötzlich übers Internet verkauft, von Autoreifen bis Zahnbürsten.» Dann kam ein persönlicher Notstand hinzu. Der leidenschaftliche Surfer hatte während eines Surfurlaubs eine «knallorangene» kurze Hose gekauft. Nach jahrelangem Tragen war die Lieblingshose «total hinüber».
«Aus Spass habe ich gesagt, ich muss jemanden finden, der mir eine neue näht.» Daraus wurde dann 2018 das Projekt Nuffinz, zunächst im Nebenjob. Gähwiler scheut sich nicht zuzugeben, dass er damals keine Ahnung vom Textilgeschäft hatte. «Als ich gesagt habe, ich möchte Shorts machen und online verkaufen, war das unüberlegt und ich wusste nicht, ob das zu einem Geschäft werden kann.»
Er habe dann sehr viel lernen dürfen und müssen. Welche Materialien sind gefragt, wie tickt die Textilbranche, wohin gehen die Trends? «Physische Ware war etwas ganz Neues für mich, Textil ein riesiges Feld und der Wettbewerb hart.» Eine Designerin hat geholfen, mit der verschlissenen Ur-Hose aus dem Surfurlaub als Vorlage die Shorts für Nuffinz zu gestalten.
Nachdem der erste Produktionspartner aus dem Vorarlberg noch während der Kickstarter-Kampagne zur Geldbeschaffung in Konkurs ging, musste der Unternehmer einen neuen Lieferanten suchen. Er nutzte die Gelegenheit, um auf Bio-Baumwolle aus nachhaltigem Anbau umzustellen. Die Hosen kommen jetzt aus der Türkei, die Taschen aus Portugal. «Wir kommen ohne Pestizide aus und brauchen nur wenig Wasser. Ausserdem mischen wir keine Kunstfasern in die Baumwolle.»
Fast überall würden heute 20 bis 30% Polyester beigemischt, damit der Stoff formstabil ist und schneller trocknet. «Ökologisch ist das Wahnsinn. Mikroplastik landet beim Waschen im Wasser.» Die Verpackungen sind aus recyceltem Karton, die Kunststoffhüllen kompostierbar.
Ende 2020 hat Andreas Gähwiler seinen Beraterjob endgültig an den Nagel gehängt und von Teilzeit- auf Vollzeit-Textiler umgestellt. «Da bin ich All-In gegangen.» Zusammen mit drei Mitarbeitern und einigen Freelancern kümmert er sich um mittlerweile rund 7000 Kunden, vor allem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Shop gibt es nicht nur Shorts, sondern auch lange Hosen, Hoodies und ein Meersalz-Haarspray für die Strandfrisur, wenn gerade mal kein Strand in der Nähe ist. Das Spray wird von einer Naturkosmetikfirma in Vorarlberg hergestellt. «Wir entwickeln alles selbst, von der ersten Idee bis zur Verpackung.»
Im Gegensatz zu anderen Onlineshops für Kleidung hat Gähwiler keine Probleme mit Rücksendungen. Während die Grossen der Branche mit Rücksendequoten von 50% kämpften, liege Nuffinz bei 10%. «Wir sind eine Männermarke», begründet der Unternehmensgründer den markanten Unterschied. Männer seien weniger kritisch als Frauen. Zudem seien die Kleidungsstücke verzeihend. «Eine kurze Hose für die Freizeit ist kein Masshemd», bei dem es auf absolute Präzision ankomme. Ausserdem tickten Männer in Sachen Mode anders als Frauen. «Wenn wir Männer mal was gefunden haben, das uns gut gefällt, dann bestellen wir das immer wieder.»
Immer neue Kollektionen strebt der Schweizer, der in Österreich aufgewachsen ist, in der Schweiz studiert und gearbeitet hat und nun aus familiären Gründen wieder in Österreich in der Nähe von Bregenz lebt, im Gegensatz zu den grossen Konkurrenten nicht an. Das würde dem Gedanken der Nachhaltigkeit widersprechen, sagt er. Die Produkte werden weiterentwickelt und das Sortiment ergänzt. Im Frühjahr kommt Nuffinz 2.0 auf den Markt, eine Hose aus einem Baumwollstoff mit spezieller Oberfläche, die sich besonders angenehm anfühlen soll, denn «wir wollen bequeme, stylishe und nachhaltige Kleidung herstellen, die man gar nicht mehr ausziehen will».
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch