Koizumi und Fukui im Meinungsstreit Toyota auf Allzeithöchst
Die Hotelbetten in Tokio sind recht gut ausgebucht.
Die Hotelbetten in Tokio sind recht gut ausgebucht. Mit der anhaltenden Hausse am Aktienmarkt wächst das Interesse der ausländischen Anleger, Japan einmal mehr selbst in Augenschein zu nehmen. Ausserdem läuft die Semesterausweissaison, und nach Bekanntgabe der meist recht ordentlichen Resultate dürfen die Unternehmen wieder mit den Aktionären reden – oder besuchen sie sogar, in Hongkong, London New York – und auch in Zürich. Es herrscht reger Betrieb in Narita, dem internationalen Flughafen von Tokio, die Maschinen sind ausgebucht. - Derweil klettern die Aktienkurse hurtig weiter; diese Woche war keine Ausnahme, per Saldo legte der Nikkei-225-Index 3,3% auf 14623 zu, der Topix stieg 2,4% auf 1531. Das Volumen war unverändert eindrücklich, im Schnitt wechselten täglich gut zweieinhalb Milliarden Aktien den Besitzer. - Widersprüchliche Tendenzen zeigten der Markt für Anleihen einerseits und die Entwicklung des Aussenwerts der Währung anderseits. Die Rendite der führenden Staatsobligation mit zehn Jahren Restlaufzeit fiel von 1,57 auf 1,46%, was entweder auf fallende Inflationserwartungen schliessen lässt, eine Abkühlung der Konjunktur oder gar beides. Doch diese Sichtweise verträgt sich schlecht mit dem Boom am Aktienmarkt (vgl. Seite 33). - Der Yen hingegen notierte gegen den Dollar wiederum leichter, von 118 auf 119 Yen/$ binnen Wochenfrist, während der Euro gegenüber dem Greenback wenig verändert war. Ein schwacher Yen also und kein fester Dollar. Die wieder etwas schärfere Deflation – in der Vorwoche waren BIP-Zahlen mit anziehendem Deflator veröffentlicht worden – bietet dafür keine sinnvolle Erklärung. Dagegen äusserte sich Premierminister Koizumi am Montag zur Geldpolitik und bedeutete der (unabhängigen - ) Zentralbank, doch bitte sehr zurückhaltend bei einer einst absehbaren Straffung der Zügel zu sein. Jetzt tobt durchaus eine Diskussion, in Japan und auch anderswo, wie und vor allem wann die Nullzinspolitik aufgehoben werden soll. Die Bank of Japan in dieser Hinsicht ein gebranntes Kind, hatte doch Herr Hayami, der Vorgänger des jetzigen Notenbankchefs, im Jahr 2000 die Nullzinspolitik erst beendet, bevor er sie ein Jahr später, zähneknirschend, wieder einführen musste, da sich die Wirtschaft nicht nur in Japan im freien Fall befand. Diesen Fehler möchte die Notenbank nicht wiederholen und ist deswegen extrem vorsichtig. - Doch offenbar reicht das Koizumi nicht, er möchte den Bleifuss auf dem Gaspedal wohl sogar noch festbinden. Jedenfalls darf die Mahnung des Premiers als Einladung an alle interpretiert werden, sich weiter in Yen zu verschulden (die «Short-position») und dann nach Belieben Aktien oder Bonds zu kaufen (die «Long-position»). Aus dieser Warte betrachtet machen dann die Preis- und Kursbewegungen dieser Woche Sinn. Erst am Freitag äusserte sich dann Zentralbankchef Fukui zu den Ratschlägen des Premiers, zeigte seine Unabhängigkeit und beharrte darauf, dass wohl im kommenden Fiskaljahr (ab April) der Abschied von der Nullzinspolitik eingeläutet werden könnte. - Die Anleger scheinen jedoch auf den Regierungschef zu setzten. Nach einem zögerlichen Dienstag wurden dann in der zweiten Wochenhälfte die Blue chips plaziert; die Zeichen stehen auf Hausse, und so mancher Titel verzeichnete am Freitag ein Allzeithöchst, ganz prominent natürlich Toyota. Ein Tagessprung von mehr als 4% für Japans Vorzeigeaktie, das sieht man nicht alle Jahre, zumal es ohne sonderlichen Nachrichtenfluss geschah. Doch wer weiss, vielleicht waren die Hotelgäste aus dem Ausland von der Toyota-Dichte im Tokioter Strassenverkehr beeindruckt (knapp jedes zweite Fahrzeug in Japan ist ein Toyota), hatten ihr Handy dabei und setzten also auf den Autokonzern aus Nagoya. - Nächste Woche sind die Konsumentenpreise für den Oktober fällig, und Koizumi und Fukui mögen dann wieder über die Geldpolitik werweissen. - Thomas Krümmel - UBS Wealth Management Research