
Die Credit Suisse trennt sich von drei langjährigen Geschäftsleitungsmitgliedern. Finanzchef David Mathers (im Amt seit 2010), Chefjurist Romeo Cerutti (seit 2009) und Asien-Chef Helman Sitohang (seit 2015) werden ihre Posten aufgeben.
Die personelle Erneuerung der CS-Spitze ist umfassend – abgesehen von CEO Thomas Gottstein kommt niemand im neu 13-köpfigen Executive Board auf über zwei Dienstjahre. Gottsteins Glaubwürdigkeit ist geschwunden nach zwei Jahren als CEO der Gruppe, nach Skandalen um Greensill und Archegos, nach Milliardenverlusten und fünf Gewinnwarnungen innerhalb von sechs Quartalen. Auch die konkreten Massnahmen zur Erneuerung der Führungsspitze, für die Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann geradestehen muss, überzeugen nicht wirklich.
Finanzchef wird «lame duck»
Was veranlasst die CS, den Abgang von Finanzchef Mathers anzukündigen, ohne gleichzeitig seine Nachfolge zu regeln? Eine Bank, insbesondere eine Bank in Schwierigkeiten, kann sich keine Kopflosigkeit leisten. Sie braucht jederzeit einen handlungsfähigen CFO. Im internen Pool mit Tausenden von Finanzspezialisten müsste doch ein valabler Ersatz für Mathers auffindbar sein. Oder manifestiert sich hier etwa ein (weiteres) Versagen des Verwaltungsrats unter der Leitung von Lehmann, dessen vornehmste Pflicht es gewesen wäre, den Führungsnachwuchs sicherzustellen?
Ersatz für Mathers ist dringend. Denn der Engländer, der den besten Überblick über Werte und Wertvernichter der Gruppe hat, ist nicht nur Finanzchef, sondern auch Länderverantwortlicher für Grossbritannien. Ihm untersteht zudem das ganze Beschaffungswesen. Ein Milliardenbudget in der globalen Beschaffung wird gegenwärtig an die Firma Chain IQ ausgelagert, was zu jährlichen Einsparungen von bis zu 1,5 Mrd. Fr. beitragenb soll.
Investmentbanker befördert
Wie schwer der angeschlagenen Credit Suisse passende Neubesetzungen fallen, deutet die Ablösung von Helman Sitohang an. Neuer Asienchef wird Edwin Low. Dem Mann ist nichts vorzuwerfen – ausser dass er aus dem Investment Banking (Kapitalmarktemissionen) stammt und mit dem Wealth Management, wo Credit Suisse sich erklärtermassen verstärken will, nichts zu tun hat.
Vom Werdegang her nicht wirklich überzeugend ist zudem die Wahl von Francesca McDonagh. Sie wird CEO der Region Europe, Middle East and Africa. Bei diesem Posten geht es im Wesentlichen um das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft und die Finanzplätze London und Frankfurt. Während der vergangenen fünf Jahre leitete McDonagh die Bank of Ireland, eine national ausgerichtete Retailbank. Sie übernimmt ihren neuen Posten am 1. Oktober 2022 von Francesco De Ferrari, dem Leiter des globalen Wealth Management, welcher interimistisch beide Organisationen leitete.
Ende der Prozessfreude
Dem machtbewussten Romeo Cerutti dürften bei der Credit Suisse kaum viele Tränen nachgeweint werden. Sein Abgang ermöglicht die überfällige Abkehr von der – vom ehemaligen Präsidenten Urs Rohner und Cerutti geprägten – prozessfreudigen CS-Kultur. Diese hat der Bank insgesamt mehr geschadet als genützt. Nun spricht die Credit Suisse im jüngsten Quartalsbericht von einem «proaktiveren Ansatz» zur Lösung von Rechtsstreitigkeiten. Offenbar sollen öfters Vergleiche geschlossen werden.
Für den Posten des Group General Counsel scheint die CS nun ebenfalls keinen Internen gefunden zu haben. Sie holt stattdessen den bald 65-jährigen ehemaligen UBS-Chefjuristen Markus Diethelm aus der Pension. Diethelm gilt nicht gerade als Teamplayer und verfügt über ein ausgeprägtes Ego. Aber als Corporate Lawyer ist er eine grosse Nummer, hat er doch für Swiss Re und später für UBS gute Arbeit geleistet. Beispielsweise einigte sich die UBS im Steuerstreit schnell mit den USA und kam mit 780 Mio. $ Busse weg; die CS hingegen kämpfte und zahlte Jahre später 2,6 Mrd. $.
Gottstein statt Lehmann
Wieso abermals kein interner Kandidat gefunden wurde, bleibt aber unerklärlich und wirft die Frage auf, wer denn eigentlich die Credit Suisse führt. Es ist ein Zeichen fragwürdiger Corporate Governance, dass Diethelm – wie FuW erfahren hat – nicht von VR-Präsident Axel Lehmann geholt wurde, sondern von CEO Thomas Gottstein. Zu erwähnen ist, dass Diethelm eine Altlast mitschleppt, die für CS ein Risiko darstellen könnte: Das Megaverfahren gegen UBS in Frankreich ist noch nicht erledigt. Sollte die UBS schlussendlich strafrechtlich verurteilt werden, wäre auch Diethelm angeschlagen.
Der Text wurde korrigiert: Helman Sitohang verlässt die Bank nicht, sondern wird Senior Advisor. Markus Diethelm wird im Herbst 65. Zudem weist die CS darauf hin, dass ChainIQ nur einen Teil der geplanten Kosteneinsparungen liefern wird.
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Kopflose Credit Suisse
In der Krise wechselt die Bank langjährige Geschäftsleitungsmitglieder aus. Nicht alle Besetzungen können überzeugen.