Kaffee mit...
Marco Meister, Start-up-Gründer

Zahlreiche kleine Betriebe und Jungunternehmen leiden zurzeit unter dem Lockdown. Das Start-up von Marco Meister nicht. «Wir gehören zu der privilegierten Gruppe von Unternehmen, die jetzt viel zu tun haben», sagt der 25-Jährige, den wir diese Woche am Telefon erreichen. Mit seinem Start-up namens Atwork (zu Deutsch: bei der Arbeit) hat er eine Reihe von digitalen Anwendungen entwickelt, die es Unternehmen erlauben, mit ihren Mitarbeitern in Kontakt zu treten, ihre Stimmung und ihr Engagement zu eruieren und darauf zu reagieren.
Atwork stösst dabei in eine Lücke: Gemäss Umfragen fühlen sich die meisten Arbeitnehmer in der Schweiz kaum mit ihrem Arbeitgeber verbunden, woran Letztere allerdings oft auch selbst schuld sind. «Unternehmen übertrumpfen sich darin, Talente anzuwerben», glaubt Meister, «doch wenn sie dann da sind, kümmern sich viele Betriebe herzlich wenig um sie.» Gerade heute, in Zeiten des verordneten Home Office, wo vermehrt über die digitalen Kanäle kommuniziert werden muss, sind seine Dienste gefragt. Rund fünfzig Unternehmen, zehn davon im Ausland, nutzen die Lösungen von Atwork. Darunter sind bekannte Namen wie Samsung und Mastercard. «Die Nachfrage ist stark», sagt Meister.
Alles begann mit Maria. Einer älteren Frau in St. Gallen, wo Meister an der Universität studierte. Im Rahmen des Herbstsemesters 2014 begleitete er sie ein halbes Jahr lang. «Mir wurde bewusst, dass wir das Leben von hilfsbedürftigen Menschen extrem verbessern können, wenn wir nur ein bisschen unserer Zeit einsetzen.» Daraus entstand die Idee für Volunty, einen Verein, den Meister zusammen mit Mitstudent Philipp Blumer gegründet hat. Ihr Ziel: Freiwilligenarbeit an Bildungsstätten systematisch verankern. Meister und Blumer bauten eine einfache Plattform, auf der Schüler und Studentinnen mit lokalen sozialen Einrichtungen zusammenfinden. Innerhalb von vier Jahren und zahlreichen Auslandaufenthalten und -semestern brachten sie Volunty zu Schulen und Universitäten in der Schweiz, den USA, Südamerika, Singapur und Deutschland. Meister ist in Stuttgart aufgewachsen.
Dann wurden Unternehmen auf die Lösung aufmerksam, und Volunty entwickelte sich weiter. Eine entscheidende Begegnung fand im Januar 2018 im Il Caffé an der Lagerstrasse in Bahnhofsnähe statt. Hier trafen wir den Gründer zu einem Kaffee Anfang des Jahres, als die Schweiz noch im Normalzustand lief. Ein moderner, schlichter Ort mit hohen Decken und langen Fensterfronten. Hier sass Meister vor zwei Jahren auch mit Vertretern einer Grossbank zusammen. Diese suchten nach einer Lösung, wie sie die Freiwilligenarbeit der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens (englisch: Corporate Volunteering) langfristig verankern und fördern können. Nach langem Evaluationsprozess kam Volunty bei der Bank zwar nicht zum Handkuss, «aber wir haben so viel daraus gelernt, dass unsere Lösungen heute noch davon profitieren».
Meister und sein Mitgründer entschieden sich, den Verein in eine Aktiengesellschaft zu wandeln. Sie konzentrierten sich auf Unternehmenskunden und erweiterten den Fokus. «Corporate Volunteering ist eine super Möglichkeit für Unternehmen, grundsätzlich das Engagement der Mitarbeiter zu wecken», ist Meister überzeugt. Über die Anwendungen von Volunty, die sich seit diesem März Atwork nennt, finden Mitarbeiter aber nicht nur Möglichkeiten zur Freiwilligenarbeit, sondern auch viele andere Aktivitäten in den Bereichen Weiterbildung, Sport, Kultur und Events von Arbeitskollegen und dem Unternehmen selbst.
Mithilfe eines weiteren Moduls, das Atwork zusammen mit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften entwickelt hat, können Unternehmen darüber hinaus quasi den Puls der Mitarbeiter fühlen. «Jährliche Mitarbeiterbefragungen bringen kaum etwas», sagt Meister, vor allem wenn aus den Ergebnissen zu langsam und zu wenige Massnahmen gezogen würden. «Es geht darum, in kurzen Abständen mit kurzen Umfragen in kleinen Stichproben unter den Mitarbeitern den Puls zu nehmen.» Damit lässt sich laufend feststellen, ob die Mitarbeiter sich wohl- oder sich abgehängt fühlen. Das Tool bietet den Vorgesetzten dann jeweils die Möglichkeit, rasch geeignete Massnahmen zu ergreifen und diese umgehend auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. «Wir können feststellen, inwieweit Mitarbeiter mit Händen, Kopf und Herz bei der Arbeit sind und was das für das Unternehmen bedeutet.»
Ein Beispiel: Während viele Mitarbeiter mit Freude ins Home Office gestartet sind und das als Chance gesehen haben, wollen mittlerweile viele zurück ins Büro. «Vielen fehlt jetzt natürlich der direkte Kontakt zu den Kollegen», sagt Meister. Bei Atwork, die bereits eine Woche vor dem offiziellen Lockdown in eine Home-Office-Testphase gegangen ist, versucht man, mit einfachen Mitteln Gegensteuer zu geben: Regelmässig treffen sich Meister und sein rund zwanzigköpfiges Team zu videogestützten Kaffeepausen, Mittagessen und Feierabendapéros.
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