Mehr Wachstum – Ursachen der Abwertung Abwertung als strukturelles Phänomen
Die Expertengruppe des Bundes hat ihre Wachstumsvorhersage für 2007 nach oben revidiert.
Die Expertengruppe des Bundes hat ihre Wachstumsvorhersage für 2007 nach oben revidiert. Angesichts der jüngst gemeldeten kräftigen Wirtschaftsindikatoren erwartet sie einen Anstieg des realen Bruttoinlandprodukts im Jahresdurchschnitt von 2%. Nach 2,7% im Vorjahr falle es damit zwar etwas langsamer aus, aber die robuste Grunddynamik bleibe erhalten, kommentierte das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco am Donnerstag. Nach vier Jahren einer kräftigen Expansion sei 2008 mit einer Konsolidierung zu rechnen. - Ursache für die Zuversicht ist die veranschlagte Beschäftigungsentwicklung. Der Bund rechnet nun mit einer doppelt so starken Zunahme wie noch im Dezember (vgl. Tabelle). Das Beschäftigungswachstum habe im vierten Quartal 2006 an Dynamik und an Breite gewonnen. Saisonbereinigt betrug es 0,8% zum Vorquartal bzw. 53700 mehr Stellen (Vollzeitäquivalente) als in der Vorjahresperiode. - Alle Frühindikatoren für den Arbeitsmarkt wiesen nach oben, melden die Ökonomen des Bundes. Der Anstieg sei auf die Industrie und die Dienstleistungssektoren zurückzuführen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenrate sinkt seit anderthalb Jahren. Im Februar lag sie auf 3%. Ende 2007 werde die Zahl der Beschäftigten 32000 bzw. 1,5% zugenommen haben, schätzt die Expertengruppe. 2008 falle die Steigerung dann flacher aus (+0,4%). - Auffallend an der Frühjahrsprognose des Bundes ist auch der erwartete geringe Teuerungsdruck. Die Inflation wird für 2007 mit 0,4% tiefer veranschlagt als im Dezember, wobei schon damals die Vorhersage niedrig ausgefallen war. In den letzten drei Jahren sei die Teuerung trotz einer zunehmend lebhaften Konjunktur verhalten geblieben, kommentiert das Seco die Schätzung. Das sei aber keine schweizerische, sondern eine international festzustellende Besonderheit des gegenwärtigen Aufschwungs. - Nicht nur die absolute tiefe Teuerung, sondern auch die relative, also im Vergleich mit anderen Ländern, stimuliert das Schweizer Wirtschaftswachstum. Das Seco kommt nämlich in einer separaten Analyse zum Schluss, dass der Franken sich noch mehr abgewertet hat, wenn die unterschiedlichen Inflationsverläufe im In- und Ausland berücksichtigt werden. So berechnet hat sich der reale Frankenwechselkurs in den letzten vier Jahren 12% zum Euro abgewertet bzw. seit der Einführung der Gemeinschaftswährung 7%. Nominal notiert er derzeit hingegen nahe dem damaligen Einführungskurs von 1.61Fr./ Euro. - Über die Hintergründe der Frankenabwertung – vorwiegend zum Euro – vermag auch das Seco nur zu mutmassen: Carry Trades, ein stabilerer Euro – die Liste ist lang. Die Ökonomen werfen eine neue These in die Debatte: den Balassa-Samuelsson-Effekt. Er erklärte den Aufwertungstrend in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit den im Vergleich zum Ausland zunehmenden Produktivitätsdifferenzen zwischen dem handelbaren und dem nicht-handelbaren Sektor. Da durch diverse Reformen und Liberalisierungsschritte zuletzt die Produktivität im geschützten Binnenmarkt gesteigert worden sein dürfte und der Abstand zum Ausland kleiner geworden sei, lasse sich auch der Bruch im langjährigen Aufwertungstrend des Frankens teilweise erklären. Der schwächere Franken spiegelt demnach die strukturelle Anpassung der Schweizer Wirtschaft. - Dass nicht so sehr der Wechselkurs, sondern vielmehr die gute Weltkonjunktur und die erfolgreiche Spezialisierung der Schweizer Exportwirtschaft für Rekordergebnisse im Aussenhandel gesorgt haben, belegt das Seco in einer weiteren Spezialanalyse. Wie ist die Abwertung also letztlich zu bewerten - Sie sei derzeit eher unproblematisch, urteilt das Seco, da strukturelle Veränderung verhinderte, dass höhere Importpreise auf breiter Front auf die Konsumenten überwälzt würden. Dennoch warnen die Experten: Die Auflösung von Carry Trades in grossem Umfang könnte durch selbstverstärkende Prozesse den Franken rasch erstarken lassen, was die Schweizer Exportwirtschaft erheblich belasten würde.AN