«Monsanto muss seriöses Angebot bringen»
Michel Demaré, Verwaltungsratspräsident von Syngenta, nimmt Stellung zu den Fragen um die Übernahmeavancen des US-Konkurrenten Monsanto.

Michel Demaré bricht sein Schweigen. Nachdem sich der Verwaltungsratspräsident von Syngenta fast zwei Monate lang nur knapp zu den Übernahmeavancen des US-Konkurrenten Monsanto geäussert hatte, veröffentlichte Syngenta am Dienstag ein Video-Interview mit Demaré, in dem er seine Standpunkte klarstellt. Im Exklusivinterview mit «Finanz und Wirtschaft» legt er dar, wo Monsanto ungenügend ist – und er signalisiert Verhandlungsbereitschaft.
Herr Demaré, was genau wollten Sie mit Ihrer Videobotschaft signalisieren: Gesprächsbereitschaft, aber nicht zu diesen Konditionen, oder dass ein Deal mit Monsanto ausgeschlossen ist? - Wir haben die Avancen von Monsanto früher bereits klar beantwortet, nämlich dass wir sie zu den vorgeschlagenen Konditionen inakzeptabel finden. Danach haben wir nicht weiter kommuniziert, denn wir wollten nicht den Eindruck vermitteln, wir seien am Verhandeln. Jetzt, da Monsanto weiter für den Deal wirbt, sprechen auch wir. Wir bestätigen unsere Zurückweisung. Ich will jedoch nicht, dass die Aktionäre glauben, wir würden um jeden Preis unabhängig bleiben wollen. Sollten wir eine Offerte bekommen – von Monsanto oder sonst jemandem –, die wir als seriös erachten und die wir mit dem Wert unserer unabhängigen Strategie vergleichen können, dann ziehen wir Verhandlungen in Betracht. Dies ist keine Einladung zu einer Offerte. Aber wir zeigen, dass der Verwaltungsrat von Syngenta seinen Job macht.
Was wäre denn ein adäquater Preis? - Das sage ich Ihnen nicht. Monsanto hat ein Problem und versucht, es über eine Akquisition zu lösen. Wir kennen den Wert unserer Strategie und wissen um die Risiken eines Deals. Investoren fokussieren auf die 449 Fr. je Syngenta-Aktie, die Monsanto in den Raum stellt. Die vorgeschlagene Transaktion ist jedoch komplex, risikoreich, und 55% des in Aussicht gestellten Preises sind in Aktien. Seit vier Jahren versucht Monsanto, einen Deal mit Syngenta zu machen, der riesige Umwälzungen in ihrer Strategie bringen würde. Alle Aktionäre müssten diese mittragen, doch beim vorgeschlagenen Verhältnis würden die Syngenta-Aktionäre nur 30% der Synergien erhalten. Normalerweise erhalten die Aktionäre übernommener Gesellschaften 50 bis 70% der Synergien.
Was ist Ihnen wichtiger: ein höherer Preis, mehr Aktien oder ein höherer Baranteil? - Der Angebotspreis müsste die Risiken mindern. Hier muss man einen Abschlag einrechnen, denn bei dieser Transaktion bestehen hohe wettbewerbsrechtliche Risiken. Sie können allenfalls gelöst werden. Doch zu welchem Preis? Ich weiss es nicht. Wir brauchen für diese Transaktion eine Risikominimierung. Dies könnten ein höherer Preis, ein tieferes Risiko oder weitere Garantien sein. Unsere Aktionäre bräuchten deutlich mehr als den Wert der eigenständigen Syngenta-Strategie.
Eine höhere Break-up Fee? - Das wäre eine Möglichkeit. Sie würde die Zuversicht von Monsanto spiegeln, dass die wettbewerbsrechtlichen Probleme gelöst werden könnten. Monsanto sollte zumindest anerkennen, dass gewaltige Hürden existieren. Dass die Amerikaner das nicht tun, gibt uns kein gutes Gefühl.
Gibt es Beispiele für Übernahmen, die von Wettbewerbsbehörden wegen Vorbehalten in Sachen vertikaler Integration gestoppt wurden? - Ja. General Electric und Honeywell, Deutsche Börse und New York Stock Exchange, Comcast und Time Warner Cable. Ausserdem gehören Monsanto und Syngenta nicht zu den populärsten Firmen auf dieser Welt; die Behörden könnten davor zurückschrecken, sie zu einem Monster fusionieren zu lassen, das 2,5-mal grösser ist als der nächstfolgende Konkurrent.
Was bräuchte es, damit Sie die Bücher öffnen? - Monsantos Vorschlag war auf allen Ebenen inadäquat. Es ist jedoch nicht meine Aufgabe, Monsanto zu erklären, was sie tun müssen, um an den Tisch zurückkommen zu können. Sie sollten mit einem seriösen Vorschlag zurückkommen.
Was, wenn Monsanto davonläuft? - Seit heute Morgen spreche ich mit Investoren. Sie wissen, dass der Wert des Vorschlags von Monsanto sich frühestens in 18 Monaten materialisieren würde. Zuvor war unser Aktienkurs auf einem abnormal niedrigen Niveau. Wir litten unter schwierigen Marktbedingungen in Emerging Markets, besonders in Russland und der Ukraine. Wir litten auch unter den schwachen Rohwarenpreisen, die das Pflanzenschutzgeschäft stärker beeinträchtigen als den Saatgutbereich. Investoren haben auch zunehmend unsere integrierte Strategie angezweifelt. Monsanto hat diese nun validiert. Sie würden Milliarden dafür zahlen. Wenn kein Deal zustande kommt, wird unser Aktienkurs nicht auf 300 Fr. zurückfallen. Unter besseren Bedingungen wurden wir 2012 zu 410 Fr. gehandelt.
Investoren wie Analysten zweifeln Ihr Ziel einer Ebitda-Marge von 24 bis 26% an. - Unser Geschäft ist zyklisch, und wir befinden uns im Tief des Zyklus. Der Wert unseres Kostensparprogramms ist aber beträchtlich. Ich verstehe die Skepsis der Investoren, doch ihre Sicht ist zu kurzfristig. Schauen Sie unsere 15-jährige Geschichte an. Bis 2018 kann noch viel passieren.
Syngenta hat nie eine Ebitda-Marge von 24 bis 26% erreicht. Der höchste verzeichnete Wert waren 23% im Jahr 2002. - Das stimmt, doch das war zu einer Zeit, als wir noch kaum ein Saatgutgeschäft hatten. Wir erreichen dort nun allmählich die kritische Masse. Zudem: 23% ist doch schon recht nahe an 24%, finden Sie nicht?
Was wäre, wenn sich Monsanto von Syngenta abwendet und etwa das Agrogeschäft von Bayer kauft? Wäre ein derartiger neuer Konkurrent nicht ein Risiko für Sie? - Nein, mit unserem breiten Portfolio bin ich zuversichtlich. Sie wissen, wie es mit Fusionen ist: Sie verursachen viel Unruhe, die es Konkurrenten erlaubt, neue Geschäftsmöglichkeiten wahrzunehmen.
Der Markt zweifelt an Ihren Wachstumszielen. Sind diese Ziele organisch erreichbar, oder benötigen Sie Akquisitionen? - Die Wachstumsziele sind rein organisch.
Ihre Aktionäre möchten, dass Sie wenigstens mit Monsanto sprechen. Was ist nötig, damit die derzeitige Pattsituation aufbricht? - Von unserer Seite her nichts. Wie gesagt: Monsanto muss mit einem seriösen Angebot kommen. Sie haben gezeigt, dass sie eine neue Strategie anstreben und ein Standbein im Pflanzenschutzgeschäft aufbauen möchten. Sie haben ein Problem mit ihrer Ausrichtung auf das Saatgutgeschäft. Aber dieses Problem können sie nicht lösen, indem sie versuchen, uns zu einem zu tiefen Preis zu kaufen.
In Ihrem Verwaltungsrat kommt es in der Monsanto-Sache zu einem potenziellen Interessenkonflikt: CEO Mike Mack sitzt auch im VR. Wie lösen Sie dieses Problem? - Das wäre nur ein Interessenkonflikt, wenn die Ansichten von Mack von denen der restlichen VR-Mitglieder divergierten. Doch das ist nicht der Fall. Alle unsere Entscheide, die wir in dieser Sache kommuniziert haben, waren einstimmig.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Aktien-Alert
Von ABB bis Züblin – erhalten Sie sofort eine E‑Mail, sobald ein neuer Artikel zum Unternehmen Ihrer Wahl erscheint.
Um diesen Service zu nutzen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.