«Motown» fährt in den Bankrott
Detroit muss sich unter Gläubigerschutz flüchten. Es ist der grösste Konkurs einer Stadt in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Die Pleite könnte an den Bondmärkten für erneute Erschütterungen sorgen.

Was sich seit Wochen abgezeichnet hat, ist am Donnerstag zur Tatsache geworden: Die Stadt Detroit flüchtet sich unter Gläubigerschutz gemäss Kapitel 9 des amerikanischen Konkursrechts. Um welche Schuldensumme es letzten Endes genau geht, ist noch umstritten. Gemäss dem vom Bundesstaat Michigan beauftragten Krisenstab soll es sich jedoch um rund 18, wenn nicht sogar um 20 Mrd. $ handeln. Detroit wird damit zum schwersten Konkursfall im öffentlichen Bereich, der sich in den USA bislang ereignet hat.
Motor Town oder kurz Motown, wie Detroit als Heimatort der amerikanischen Autoindustrie genannt wird, befindet sich bereits seit Jahrzehnten im Niedergang. Einst eine strahlende Ikone der US-Industrie, zählte Detroit zu seinen Glanzzeiten in den Fünfzigerjahren rund 1,8 Mrd. Einwohner und war die viertgrösste Stadt Amerikas. Mittlereile leben nur noch rund 700’000 Menschen dort. Es stehen derart viele Häuser leer, dass die Behörden damit begonnen haben, sie einfach einzureissen. Rund 40% der Strassenbeleuchtungen funktionieren nicht mehr.
GM äussert Bedauern
Durch den anhaltenden Bevölkerungsschwund rutschte Detroit bereits vor der Wirtschaftskrise mehr und mehr in finanzielle Schieflage. Die Pleitewelle in der US-Autoindustrie hat die Situation dann weiter verschlimmert. Mit General Motors, Ford und Chrysler haben die drei grössten Fahrzeughersteller Amerikas alle ihren Hauptsitz in der Stadt am Eriesee. «GM ist stolz, dass wir Detroit unsere Heimat nennen können. Wie andere hofften wir, dass der Moment zur Deklaration des Bankrotts nicht kommen würde», teilt der inzwischen wieder finanziell gesunde Autoriese in einem Communiqué am Donnerstag mit. «Wir glauben aber, dass der heutige Tag auch einen sauberen Neustart für die Stadt markieren kann», heisst es darin weiter.
An den Finanzmärkten wird mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt werden, wie es mit Detroit in den kommenden Wochen weitergeht. Anders als Unternehmen, für die Kapitel 11 des US-Konkursrechts gilt, hat die Stadt unter Kapitel 9 gegenüber ihren Gläubigern grössere Flexibilität. Nachdem bereits der Zinsstieg in den vergangenen Wochen am Markt für US-Kommunalanleihen, sogenannte Muni Bonds, für heftige Turbulenzen gesorgt hat, könnte nun erneut Nervosität unter Investoren aufkommen.
Konkursfälle häufen sich
Seit den Fünfzigerjahren sind in den USA lediglich etwas mehr als sechzig Städte und Gemeinden pleitegegangen. Der spektakulärste Fall war bislang Jefferson County im Bundesstaat Alabama im Jahr 2011, als es um rund 4 Mrd. $ ging. Mit Stockton, San Bernardino und Mammoth Lakes sorgten vergangenes Jahr zudem gleich mehrere Ortschaften in Kalifornien mit ihrem Konkurs für Schlagzeilen. Auch die Grossstädte New York und Cleveland in den Siebzigerjahren sowie Philadelphia zwei Jahrzehnte später waren bereits einmal arg in finanzielle Schieflage geraten, blieben aber letztlich vom Bankrott verschont.
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