Märkte erhoffen sich von der EZB weitere Zinsschritte Zentralbanken versuchen Impulse zu geben
Noch ist das erste Quartal des Jahres 2003 nicht vorüber, und bereits herrscht wieder das grosse Heulen und Zähneknirschen an den Finanzmärkten.
Noch ist das erste Quartal des Jahres 2003 nicht vorüber, und bereits herrscht wieder das grosse Heulen und Zähneknirschen an den Finanzmärkten. Dabei kommen immer mehr Investoren zum Schluss, dass hinter den aktuellen Kursbewegungen an den Finanzmärkten mehr steckt als eine erhöhte Unsicherheit vieler Marktteilnehmer im Angesicht der Irakkrise. - Eine der zentralen Fragen vieler Investoren in diesem Zusammenhang ist selbstverständlich, was die Lösung der Irakkrise für Auswirkungen auf die Weltkonjunktur haben würde. Eine der offensichtlichsten Konsequenzen wäre ein Rückgang des Ölpreises. Dies dürfte für Konsumenten und Produzenten gleichermassen zu einer Entspannung in der Kasse führen, was sich mit Sicherheit erfreulich auf das Wirtschaftswachstum rund um den Globus auswirken würde. - Ein anderer Grund, der oft ins Feld geführt wird, wieso eine Beilegung des Irakkonflikts zu erhöhtem Wirtschaftswachstum führen würde, hängt mit den Ausrüstungsinvestitionen zusammen. Es wird argumentiert, dass in unsicheren Zeiten kein Unternehmen bereit sei, neue Projekte mit den damit zusammenhängenden Investitionen zu lancieren. - Nach den jüngsten Unternehmensnachrichten, den anhaltend schwachen Finanzmärkten und einem auch in den Vereinigten Staaten sinkenden privaten Konsum stellen sich jetzt zunehmend mehr Marktteilnehmer die Frage, ob der Rückgang der Investitionen wirklich lediglich die Folge höherer globaler Unsicherheit sei oder ob viele Unternehmen unter den gegebenen Umständen gar nicht in der Lage wären, in grossem Ausmass Investitionen vorzunehmen. Klar ist dabei, dass sich mit jedem zusätzlichen Tag mit schwachen Finanzmärkten die Finanzsituation der Unternehmen nicht verbessert. - Die zweite Sicht der Weltkonjunktur scheint sich jetzt zunehmend auch an den Märkten durchzusetzen. Es ist klar, dass sich unter diesen Prämissen eine baldige Erholung der Investitionen weiter in das Jahr 2003 hinauszögern wird. Sämtliche zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsindikatoren deuten denn auch darauf hin, dass bis weit in die zweite Hälfte des Jahres 2003 nicht mit einer Verbesserung der Konjunktur zu rechnen ist. - Dieser Entwicklung haben in den vergangenen Tagen die verschiedenen Zentralbanken in unterschiedlicher Art und Weise Rechnung getragen. Während es beispielsweise die Bank von Kanada nicht für nötig fand, eine expansivere Gangart einzuschlagen – sie hat ganz im Gegensatz zum aktuellen Trend ihre Leitzinsen in der ersten Wochenhälfte um 25 Basispunkte (Bp) erhöht –, senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins um 25 Bp. - Dieser Schritt der EZB ist die erste Zinssenkung seit geraumer Zeit und deshalb für viele Marktteilnehmer eine grosse Erleichterung. Das, obwohl es die EZB auch erneut versäumt hat, die Markterwartungen zu erfüllen. - Die Märkte waren von einem aggressiveren Schritt ausgegangen. Dennoch haben die Finanzmärkte gnädig auf die Ankündigung der EZB reagiert. Sie änderten ihre Einschätzung dahingehend, dass sie jetzt davon ausgehen, dass der Zinsschritt vom Donnerstag der erste - einer ganzen Reihe von vergleichbaren Schritten ist. - Die Form der Zinskurve hat sich deshalb kaum verändert. Allein die Tatsache, dass die EZB verstärkt auf die geänderten Rahmenbedingungen in Europa einzugehen bereit ist, deutet darauf hin, dass es wirklich nicht allzu gut um die Wirtschaft in dieser Ecke der Welt bestellt ist. In der Folge ist es auch am langen Ende zu tieferen Renditen gekommen. - Akzentuiert wurde diese Entwicklung am Freitag noch durch einen sehr schwachen Arbeitsmarktbericht aus den Vereinigten Staaten. Unterdessen rechnen die Marktteilnehmer sogar mit einem weiteren Zinsschritt durch die amerikanische Notenbank Fed. - Es bleibt die Gefahr, dass die Leitsatzsenkungen durch die Notenbanken an den Finanzmärkten wirkungslos verpuffen. Immer häufiger ist das Stichwort «Liqui-ditätsfalle» zu hören. Sollten wir tatsächlich in eine solche geraten, dauerte es mit Sicherheit länger, bis es zu einer konjunkturellen Erholung und in der Folge zu höheren Renditen käme.UBS Warburg, Reto Huenerwadel