
Die Arbeitslosigkeit ist tief, doch wie lange halten die Börsen die wachsende Unsicherheit aus? Foto: Richard Drew (AP)
Die Arbeitslosigkeit befindet sich in den entwickelten Ländern auf einem Mehrjahrestiefstand. Und doch hat der Begriff der Rezession Hochkonjunktur. In Presseartikeln und Analystenberichten wird immer öfter die Frage gestellt, ob der Welt, den entwickelten Ländern und der Schweiz so etwas droht.
Im sogenannt technischen Sinn spricht man von einer Rezession bei einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts über zwei Quartale – wie gering er auch immer ist. Auch das Wachstum zuvor oder danach und wie es um die Arbeitslosigkeit steht, interessiert hier nicht. Diese Definition sagt wenig über die Notlage einer Wirtschaft. Im ökonomischen Sinn macht es nur Sinn, von einer Rezession zu sprechen, wenn eine echte Krise droht – mit stark steigender Arbeitslosigkeit und einem schweren Einbruch der Gesamtproduktion.
Ein Hinweis, der es in sich hat
Die Konjunkturbeobachter sind sich in ihren jüngst erschienenen Prognosen einig: Was auf uns zukommt, ist ein weltweiter Abschwung der Wirtschaftsaktivitäten. Eine echte Rezession drohe nicht.
Ihre Prognosen ergänzen die Konjunkturbeobachter mit dem Hinweis auf Risiken, die zu einem schlimmeren Wirtschaftsverlauf führen können. Diese Bemerkung hat weit mehr Bedeutung als die Prognosen selbst. Denn im aktuellen Umfeld noch mehr als sonst fehlen die Grundlagen für verlässliche Prognosen.
Der Grund dafür ist die fundamentale Unsicherheit über die Folgen einer Reihe von Entwicklungen: So befindet sich die wirtschaftliche Weltordnung der letzten Jahrzehnte in Auflösung. Der Handelskrieg stellt die bisherigen weltweiten Wertschöpfungsketten infrage, und es gibt bisher keine befriedigende Antwort auf die Frage, wie die Wirtschaftspolitik auf eine Krise überhaupt noch reagieren könnte. Die Geldpolitik, die diesen Part bisher übernahm, ist am Ende, und ihre Massnahmen sind bereits hochumstritten.
Und wenn der Konsum schwächelt?
Die sichtbaren Folgen dieser Unsicherheit zeigen sich weltweit in einer starken Zurückhaltung bei den Investitionen – was sich im sinkenden Absatz der Industrie niederschlägt. Als Pfeiler der Konjunktur bleiben – auch in der Schweiz – vor allem der Konsum und die Dienstleistungen.
Wenn eine weitere Verschärfung der Weltwirtschaftslage und die ausbleibenden Investitionen auf die Arbeitsmärkte durchschlagen und die Konsumenten verunsichern, dürfte es mit dieser Stütze vorbei sein. Doch auch das ist keine Prognose. Sie wäre so wenig glaubwürdig wie die übrigen.