Ratingagenturen warnen – Insider beruhigen
Für Rhodia-Aktionäre hält das Wechselbad der Gefühle an.
Für Rhodia-Aktionäre hält das Wechselbad der Gefühle an. Die französische Spezialchemieanbieter kämpft um sein Überleben – entsprechend sensibel reagieren die Anteilseigner auf finanzierungsrelevante Neuigkeiten. So kam es Ende 2003 zu Kurssteigerungen, nachdem sich Rhodia mit den Gläubigerbanken auf ein Umschuldungs- und Restrukturierungsprogramm geeinigt hatte. In den vergangenen Wochen wurden entsprechende Hoffnungen allerdings durch Ratingagenturen gedämpft, die auf fällige Zahlungen hinwiesen und Befürchtungen über einen Liquiditätsengpass äusserten. Zum Wochenbeginn haben Insider des Dossiers die Hektik wieder etwas beruhigt. - Die verfehlte Wachstums- und Akquisitionsstrategie der vergangenen Jahre, hohe Rohstoffpreise und die schwache Konjunktur brachten Rhodia im vergangenen Jahr an den Rand des Ruins. Auch ignorierte der frühere Konzernchef Jean-Pierre Tirouflet die Forderungen des belgischen Aktionärs Albert Frère – dieser drängte auf massive Restrukturierungen und eine Fusion mit Clariant oder DSM – und musste den Hut nehmen. - Seine Nachfolger kommen nun um tiefe Einschnitte nicht herum: Sie wollen bis Ende Jahr Aktiven von 700 Mio. Euro verkaufen und durch effizientere Abläufe Kosten von 150 Mio. Euro sparen. Solche Zahlen sind nach dem Gusto der 23 Gläubigerbanken, die Ende des vergangenen Jahres einem Rettungsplan zustimmten, der ausser Devestitionen, Kosteneinsparungen und neuen Überbrückungskrediten von 758 Mio. eine Kapitalerhöhung von 300 Mio. Euro vorsieht. - An der Börse zeigte man sich in einer ersten Reaktion zufrieden: Rhodia legten im weihnachtlichen Umfeld 12% zu. Weniger beeindruckt waren indes die Ratingagenturen: Standard & Poor’s stufte die langfristigen Verpflichtungen von BB– auf B zurück und setzte Rhodia zudem auf die Beobachtungsliste. Schon das löste einen Kursrückschlag von über 4% aus. Zu einem doppelt so grossen Kurseinbruch kam es vergangene Woche, als Moody’s eine Rückstufung von B1 auf B2 vornahm – und diesen Schritt ähnlich begründete: Beide Ratingagenturen weisen auf die in den USA aus einer Privatplazierung bestehenden Verpflichtungen von 250 Mio.$ hin. Diese Schuldtitel, die von Hedge funds gehalten werden, hat Rhodia nun frühzeitig zurückzuzahlen, da gewisse finanzielle Ziele verfehlt wurden. Nach den Umschuldungsverhandlungen im Dezember waren viele Investoren davon ausgegangen, dass die Hedge funds ihren Teil beitragen würden. Dem ist nun aber nicht so. - Die Aufregung am Aktienmarkt scheint so gesehen gerechtfertigt zu sein – oder möglicherweise doch nicht - Am Montag zitierte die Wirtschaftszeitung «La Tribune» Rhodia nahe stehende Kreise, die Entwarnung geben: Diese Belastung sei in den Umschuldungs- und Sanierungsplänen bereits berücksichtigt. Rhodia werde die Hälfte der Schulden sofort begleichen und den Rest zusammen mit Strafzahlungen von rund 50 Mio. Euro im nächsten halben Jahr überweisen. Rhodia quittierten die Meldung mit einem Kursplus von 4%. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Titel eine hochspekulative Anlage bleiben, die sich lediglich für Investoren mit starken Nerven eignet. Die Meldung, dass der Grossaktionär Albert Frère seinen Anteil unter 5% fallen liess, ist ebenfalls kein Kaufargument. Hat sogar der gewiefte Investor Frère Zweifel, dass die Rettung von Rhodia gelingt - TW, Paris