Ratingtrend zeigt abwärts
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) greift zu grossen Worten: Dramatische Veränderungen habe die Ratinglandschaft Europas in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfahren.
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) greift zu grossen Worten: Dramatische Veränderungen habe die Ratinglandschaft Europas in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfahren. In nur zehn Jahren ist der Anteil spekulativer Schuldner am europäischen Markt gemäss S&P von 4 auf 19% gestiegen. Auch in anderen Bereichen lasse sich beobachten, dass sich der europäische immer mehr dem amerikanischen Obligationenhandel angleiche: Der Kapitalmarkt werde stärker beansprucht, alternative Finanzierungsquellen fänden zunehmende Akzeptanz, und neue Typen von Investoren drängten in den Markt. Dabei gilt es zu bemerken, dass sich der Anteil an Schuldnern mit spekulativem Charakter in den USA auf 49% beläuft. - Die Bonität europäischer Emittenten hat sich insgesamt verschlechtert (vgl. Grafik unten). So liegt der Rating-Median, also der Mittelwert, für Banken und Versicherungen seit 2003 auf A, zuvor war er acht Jahre lang eine Stufe höher gewesen. Unternehmensschuldner (Corporates) sind noch weiter «gefallen». Hatten sie vor zehn Jahren ein Median-Rating von A+, kommt dieses inzwischen auf BBB zu stehen. Rund ein Drittel aller europäischer Unternehmensschuldner spielt im spekulativen Bereich. Zum Vergleich: In den USA liegt das Median-Rating für Corporates auf BB+, hat also Junk-bond-Status. Auf gleichem Niveau befindet sich der Median der europäischen TMT-Gesellschaften (Telecom, Medien und Technologie). Belastend wirkt sich indes nicht nur die zunehmende Marktbeanspruchung durch TMT-Schuldner aus. In den vergangenen Jahren habe sich auch der Einfluss von Private-equity-Gesellschaften auf Industrieunternehmen bemerkbar gemacht. - Die Aussichten, die S&P für die nächsten Jahre gibt, sind ernüchternd: Die Ratingagentur begründet dies mit dem zunehmenden Verschuldungsgrad und den sich verschlechternden Kreditprofilen am unteren Ende des Ratingspektrums. Damit sei die Saat für den nächsten Default-Zyklus bereits im Boden – erste Anzeichen dürften bereits 2008 sichtbar werden. Anleger am Frankenkapitalmarkt dürften dieser Entwicklung gelassener entgegensehen als andere Investoren. Der Schweizer Anleihenmarkt gilt als äusserst qualitätsbewusst, spekulativen Schuldnern bleibt der Zugang verwehrt, und auch Triple-B-Emittenten werden nur sehr selektiv akzeptiert – dazu zählen etwa Polen und Mexiko. Gemessen am Emissionsvolumen haben nur 3% aller Ausland- und 5% aller Inlandschuldner ein Rating von BBB+ oder tiefer. BM