Röchling veräussert 42%-Anteil – Aktien nach Korrektur günstig bewertet
Der deutsche Autozuliefer- und Rüstungskonzern Rheinmetall hat eine neue Aktionärsstruktur: Grossaktionär Röchling hat in den vergangenen Tagen seine Beteiligung von gut 42% am Kapital an institutionelle Investoren verkauft.
Der deutsche Autozuliefer- und Rüstungskonzern Rheinmetall hat eine neue Aktionärsstruktur: Grossaktionär Röchling hat in den vergangenen Tagen seine Beteiligung von gut 42% am Kapital an institutionelle Investoren verkauft. Die Familienholding besass bisher 73,7% der Stammaktien und 10,5% der Vorzugstitel. Spekulationen über einen Ausstieg hatte Röchling in den vergangenen Monaten immer wieder als falsch bezeichnet. - Rheinmetall nutzt die Gelegenheit, die Aktienstruktur zu vereinfachen: Die Vorzugspapiere sollen in Stammaktien umgewandelt werden. Dem Schritt müssen die Anteilseigner an der Hauptversammlung vom 10.Mai 2005 noch zustimmen. Derzeit liegen die Vorzüge im MDax mit einem Gewicht von 1,1% und einem Wert von 600 Mio. Euro auf Platz 27. Mit nur noch einer Aktiengattung und nach Erhöhung des Streubesitzes würde Rheinmetall künftig mit rund 1,3 Mrd. Euro berücksichtigt und würde zu den zwölf schwersten MDax-Werten gehören, in der Nachbarschaft von Beiersdorf oder Heidelberger Druck. - Die am Mittwoch publizierte Neuigkeit überraschte die Börse. Die höher notierenden Stämme glichen sich sofort an die Vorzüge an: Sie brachen 12% von 42 auf 37 Euro ein, die Vorzugstitel fielen 5% von 38.90 auf 36.90 Euro. Dass beide Aktien Verluste erlitten, zeigt die Befürchtung vieler Marktteilnehmer, es könnten Anteile direkt auf den Markt gelangen, was den Preis belasten würde. Doch es ist davon auszugehen, dass die Transaktion gut vorbereitet worden ist. Eine Mitteilung ist für Montag vor Börseneröffnung angekündigt. Am Markt wurde vermutet, dass die Handänderung am Freitagabend zu einem marktnahen Preis abgeschlossen war. - Auf lange Sicht bietet sich für den Anleger eine günstige Kaufgelegenheit. Erstens haben sich die Aktien verbilligt, und zweitens kann die Zukunft des Unternehmens nun noch zuversichtlicher betrachtet werden. Nach der Restrukturierung und der Sanierung, begleitet von der Konzentration auf die Bereiche Rüstung (darunter der ehemals zur Oerlikon-Bührle gehörende Flugabwehrspezialist Oerlikon Contraves) und Autozulieferung, ist Rheinmetall in einer soliden Verfassung (vgl. FuW Nr. 93 vom 24.November). - Rheinmetall-Vorstandschef Klaus Eberhardt sieht das Unternehmen nach Abschluss der Restrukturierung mit einer deutlich verbesserten Profitabilität hervorragend positioniert. Gemäss Pressemitteilung erklärte er, beide Bereiche würden wie geplant weiterentwickelt. Besonders was die Konsolidierung der Rüstungsindustrie angehe, sei Rheinmetall bestens positioniert, sagte er. - Mit dem Abschied des Grossaktionärs regt sich tatsächlich Fantasie: Die Familie Röchling gehörte angeblich zu den Kräften, die der Konsolidierung im deutschen Rüstungssektor unter Beteiligung von Rheinmetall eher skeptisch gegenüberstanden. Versuche, Rheinmetall an Krauss Maffei Wegmann – im Besitz der Familie Bode (51%) und Siemens (49%) – anzunähern, versandeten jeweils. Die beiden Konzerne agieren in der Rüstung als Kooperationspartner, unter anderem bauen sie Panzerfahrzeuge wie den Leopard oder den Puma. - Die Analysten der Münchner Privatbank Merck Fink sehen in dem Ausstieg Röchlings und dem Verkauf an Institutionelle auch ein gutes Omen für das Geschäft: Die Börse wartet darauf, dass Rheinmetall einen Auftrag Deutschlands für den Schützenpanzer Puma (Volumen 3 Mrd. Euro) erhält. Röchling dürfte über Insiderwissen verfügen, und das dürfte zeigen, dass die Chancen für den Auftrag sehr gut seien, argumentiert Merck Fink. Die Holding könne es sich nicht leisten, ein so grosses Paket zu verkaufen mit dem Wissen, dass es um die Chancen für den Puma-Auftrag schlecht stehe. - Vor wenigen Tagen noch mussten die Titel als teuer bezeichnet werden. Mit der neuen Fantasie sind sie auf ihrem inzwischen niedrigeren Kursniveau mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10, basierend auf der Schätzung für 2005, günstig bewertet. Der Kauf dürfte sich lohnen. Da mit weniger Umtrieb und mehr Sicherheit verbunden (falls die Einheitsaktie nicht kommt), sind die Stämme zu empfehlen.