Regierungschefs äussern sich vor dem G-8-Treffen über die Wechselkurse Festerer Dollar erwünscht
Im Vorfeld des Gipfeltreffens der G-8-Staaten gingen die Wogen am Devisenmarkt hoch (zum G-8-Treffen vgl.
Im Vorfeld des Gipfeltreffens der G-8-Staaten gingen die Wogen am Devisenmarkt hoch (zum G-8-Treffen vgl. Seite31). US-Präsident George W. Bush kündigte in der französischen Zeitung «Figaro» an, er wolle in Evian die Politik des starken Dollars bekräftigen. Die USA führten eine gesunde Geld- und Fiskalpolitik, die ein günstiges Umfeld für einen festen Greenback schaffe. Es sei zudem wichtig, dass die Mitgliedstaaten ihr Ziel nicht aus den Augen verlören: Ein globales Wirtschaftswachstum könne nicht erreicht werden, wenn die einzelnen Länder schwach seien. - Ironischerweise schwächte sich der Greenback am Dienstag – also kurz bevor sich der US-Präsident zur Politik des festen Dollars bekannte – auf das Allzeittief von 1,1932$/ Euro ab. Der Kommentar Bushs verhalf dem Dollar am Donnerstag allerdings auf 1,1710$/ Euro und 1,3070Fr./$. Die US-Valuta vermochte die Gewinne nicht zu halten und schloss auf 1,1898$/ Euro und 1,2835Fr./$ – obwohl das amerikanische Handelsministerium bekannt gegeben hatte, dass die Wirtschaft im ersten Quartal schneller gewachsen ist als angenommen. Grössere Beachtung fand indes der US-Arbeitsmarktbericht. Die grosse Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung schürte die Furcht vor tieferen Konsumausgaben und einer Deflation. - So düster sind die Aussichten für die US-Wirtschaft aber nicht: Der Einkaufsmanagerindex aus dem Grossraum Chicago stieg im Mai auf 52,2. Das heisst, dass die verarbeitende Industrie wächst. Zudem wuchs gemäss der Universität von Michigan das Vertrauen der amerikanischen Verbraucher in die Wirtschaft. Der Dollar reagierte auf die erfreulichen Zahlen mit Kursgewinnen: Er wertete sich auf 1,1763$/ Euro, 119.37Yen/$ und 1,3025Fr./$ auf. - Am Freitag richtete sich der Blick der Marktteilnehmer aber auch auf das Treffen in Evian. Im Vordergrund standen dabei weniger die Spekulationen um mögliche Ausschreitungen, sondern vielmehr die Frage, ob die Landesvertreter auch die Entwicklung an den Devisenmärkten erörtern werden. Seit Jahresbeginn hat der Dollar zum Euro 13% verloren. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte sich besorgt über die markanten Gewinne im Kurs der Gemeinschaftswährung. Daraus entstehe für Deutschland ein Risiko. Zudem schade dies dem Wachstum im Euroland. - Ausser für Bush und Schröder scheint die Währung auch für den japanischen Premierminister Junichiro Koizumi eine wichtige Rolle zu spielen. Er sprach sich ebenfalls für einen starken Dollar aus: Die japanische Valuta dürfe sich zum Greenback nicht mehr weiter aufwerten. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die japanische Notenbank auch im Mai am Devisenmarkt interveniert und Yen in Höhe von 3,98 Bio. Yen (33,53 Mrd.$) verkauft. Da der Markt die Verkäufe antizipierte, vermochten Japans Währungshüter den Yen allerdings nicht zu schwächen. Er notierte am Freitag 119.37 Yen/$. Zur Gemeinschaftswährung hingegen sank die Valuta auf das Allzeittief von 140.91 Yen/ Euro. - Einen festen Dollar wünschen nicht alle. Kenneth Rogoff, Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), spricht sich für eine schwache US-Valuta aus. Das sei gut für die Weltwirtschaft, obschon es die Gefahr, dass Deutschland in die Deflation abgleite, erhöhe. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne dieses Risiko vermindern, indem sie den Leitzins senke, liess Rogoff verlauten. - Der Zeitpunkt ist gut gewählt: In einer Woche Treffen sich die europäischen Währungshüter, um über eine Senkung des Satzes zu debattieren. Es ist zu erwarten, dass sich die EZB am kommenden Donnerstag dazu durchringt, den Leitzins einen halben Prozentpunkt (Pp) auf 2% zu senken, und damit die Differenz zum US-Satz von 1,25% verringert. Die Bank of England wird ebenfalls über den Leitsatz befinden. Es wird jedoch keine Änderung erwartet. - Die polnische Nationalbank entschloss sich schon in dieser Woche, den Leitzins um 0,25 Pp auf 5,5% zurückzunehmen. Begründet wurde der Schritt mit dem schleppenden Wirtschaftswachstum. Finanzminister Grzegorz Kolodko hat deshalb die Wachstumsprognose für dieses Jahr von 3,5 auf 3% reduziert. Der IWF rechnet mit 2,6%, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet gar nur 2,3%. Einen Wachstumsimpuls dürfte sich Polen vom Beitritt zur Europäischen Union versprechen. Über den wird das Volk in zwei Wochen entscheiden. - Nicht nur in Polen sorgt man sich um den Zustand der Wirtschaft. Das Konjunkturbarometer der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (Kof) deutet auf eine deutliche Verlangsamung des Wachstums in der Schweiz hin. Die Konjunkturzahlen, die in der nächsten Woche veröffentlicht werden, dürften die düsteren Aussichten kaum verbessern. Der Franken reagierte mit Verlusten. Am Donnerstag sank er auf 1,5311Fr./ Euro. So viel musste zuletzt im Juni 2001 für 1 Euro bezahlt werden. Am Freitag schwächte er sich auf 1,5322 Fr./ Euro ab. Zum Dollar notierte die Valuta 1,3025 Fr./$. Am Montag fiel der Greenback zum ersten Mal in viereinhalb Jahren unter 1.28 Fr./$.