Restrukturierung des Tunnelbetreibers auf gutem Weg – Handel mit Aktien wieder aufgenommen
Eurotunnel scheint ein Name zu sein, der die Herzen vieler Leute höher schlagen lässt.
Eurotunnel scheint ein Name zu sein, der die Herzen vieler Leute höher schlagen lässt. Vor und unmittelbar nach der Inbetriebnahme der vollständig privat finanzierten Tunnelverbindung unter dem Ärmelkanal waren es vorab Privatanleger, die sich zu Engagements hinreissen liessen – und in der Folge bitter enttäuscht wurden. Kostenüberschreitungen im Bau und zu optimistische Schätzungen in Bezug auf die Betriebseinnahmen, brachten Eurotunnel an den Rande des Ruins und liessen den Aktienkurs einbrechen. Nach jahrelangem Hin und Her einigten sich Eurotunnel und die Gläubiger Ende des vergangenen Jahres auf einen Sanierungsplan, der das Überleben des Tunnelbetreibers sichert. - Der Handel mit Eurotunnel-Aktien wurde in dieser Woche nach einer Unterbrechung von nahezu einem Jahr wieder aufgenommen – und nun scheinen es vor allem professionelle und institutionelle Investoren zu sein, die Engagements in Eurotunnel eingehen. In den besten Zeiten Mitte der Neunzigerjahre wurden die Eurotunnel-Aktien für umgerechnet 7 Euro gehandelt. Am 15.Mai 2006 und unmittelbar vor der Aussetzung des Handels war die Aktie für 0.44 Euro zu haben. Seit Anfang Woche werden die Papiere wieder gehandelt und zwar zwischen 0.40 und 0.42 Euro. Die vergleichsweise kleine Spanne bedeutet aber nicht, dass Einigkeit über den Wert von Eurotunnel besteht – im Gegenteil: Der Börsenbetreiber Euronext hatte unmittelbar vor Aufnahme des Handels eine Studie veröffentlicht, wonach das Eigenkapital von Eurotunnel nach Abschluss der Sanierung lediglich zwischen 200 und 320 Mio. Euro betragen wird, was pro Titel höchstens 0.15 Euro ausmacht. - Colette Neuville, Präsidentin der französischen Aktionärsvereinigung Adam und Verwaltungsrätin von Eurotunnel, mahnt ebenfalls zur Vorsicht. Als Eurotunnel-Verwaltungsrätin rät sie den Aktionären im Rahmen der Restrukturierung jedoch, ihre Titel in die Aktien der neuen Einheit Groupe Eurotunnel zu tauschen. Die Gründung dieser neuen Gesellschaft ist zentraler Teil des Restrukturierungsplans von Eurotunnel. Die Mehrheit der Gläubiger hat sich darauf geeinigt, die Schulden um 54% auf 9,1 Mrd. Euro zu reduzieren. Zur Finanzierung dieser Restschulden wird Groupe Eurotunnel Bankkredite aufnehmen. Auf diese Art und Weise werden die Forderungen aus der ersten Reihe der Gläubiger vollständig abgegolten, während nachrangige Gläubiger teilweise mit Hybridtiteln bedient werden, die dereinst in Aktien gewandelt werden können. - Die Nachfrage nach den «alten» Eurotunnel-Aktien unterstreicht, dass in dieser Affäre nach Ansicht gewisser Investoren Geld zu verdienen ist. Sicher ist, dass Eurotunnel definitiv gerettet ist und die derzeitige Marktkapitalisierung von rund 1 Mrd. Euro keinesfalls den Wert des Bauprojekts spiegelt. Allerdings wird die noch immer grosse Schuldenlast auch in den nächsten Jahren eine Rückkehr in die Gewinnzone verhindern, womit eine Bewertung des Unternehmens schwierig ist. Was ist ein Investment in eine Gesellschaft wert, die keinen Gewinn abwirft - Die Eurotunnel-Aktien eignen sich weiterhin lediglich für risikofähige Spielernaturen. TW