Schlechte Grillsaison und BSE-Problematik belasten – Reorganisation im Gang – Zuversicht für 2001 – Aktien ohne besonderen Reiz
Der Investor muss sich daran gewöhnen, sein Aktienportefeuille künftig auch auf die Witterungstauglichkeit zu überprüfen.
Der Investor muss sich daran gewöhnen, sein Aktienportefeuille künftig auch auf die Witterungstauglichkeit zu überprüfen. Denn nach Vögele argumentiert mit Bell schon das zweite Schweizer Unternehmen, das Wetter sei mit schuld, dass die Erwartungen unerfüllt bleiben. Im Gegensatz zur Bekleidungsgruppe Vögele, der das zu trockene und zu warme Wetter im November zusetzte, regnete es dem Fleischverarbeiter Bell im vergangenen Sommer zu viel. Das trübe Wetter verdarb der Coop-Tochter die Grillsaison, was vor allem die Charcuterie zu spüren bekam. Das ist aber nur ein Grund, weshalb das Unternehmen die Aktionäre vor einer Ertragsverschlechterung warnen muss! - Weitere Ursachen sind das anhaltend hohe Preisniveau auf der Beschaffungsseite, die gestiegenen (Personal-)Kosten sowie die Zurückhaltung der Konsumenten wegen der BSE-Problematik. Allerdings vermochte das gute Weihnachtsgeschäft den im Oktober und November eingehandelten Umsatzrückstand wenigstens teilweise wettzumachen, wie Geschäftsleiter Adolphe R. Fritschi gegenüber «Finanz und Wirtschaft» ausführte. - Bereits zur Jahresmitte war Bell gegenüber dem Vorjahr ertragsmässig weit im Hintertreffen (vgl. FuW Nr. 66 vom 19.August). Das Manko liess sich im zweiten Semester nicht wettmachen. Der Betriebsgewinn, der bereits im vergangenen Jahr 10% auf 40,4 Mio. Fr. gesunken war, wird deshalb weiter erodieren. Und auch der Gruppengewinn wird das Vorjahresniveau von 31,2 Mio. Fr. verfehlen. Wir korrigieren die Gewinnprognose per 2000 entsprechend von 79 Fr. auf 66 Fr. je Aktie. - Die Börse hatte die schlechte Kunde bereits vorweggenommen. Die Kurserholung in den letzten zwei Handelstagen dieses Jahrs war der Ankündigung zuzuschreiben, das Unternehmen habe die nötigen organisatorischen Massnahmen eingeleitet. Diese zielen darauf ab, flexibler auf Marktentwicklungen reagieren, weitere Ertragspotenziale erschliessen und Kostenreduktionen realisieren zu können. Ab 2001 sollen die Kernprozesse von Bell in die neu gebildeten Geschäftsbereiche Frischfleisch, Charcuterie/Traiteur, Handel, Geflügel und Region Westschweiz gebündelt werden. Dadurch will die Gesellschaft Doppelspurigkeiten eliminieren und die Transparenz der Abläufe erhöhen. Auf diese Weise soll die Produktivität gesteigert werden, was auch nötig ist, wenn Bell die aus Lohnerhöhungen, der Einführung der LSVA usw. stammenden Mehrkosten im nächsten Jahr auffangen will. Fritschi ist diesbezüglich zuversichtlich. Auch scheint der Markt höhere Verkaufspreise zu schlucken, wodurch der Margendruck etwas nachlassen sollte. Für die BSE-Tests, die Bell ab Anfang 2001 flächendeckend durchführen will, hat das Unternehmen 1,5 Mio. Fr. budgetiert. Ob eine vollständige Überwälzung dieser Zusatzkosten auf die Konsumenten möglich ist, muss sich allerdings erst weisen. - Fritschi ist zuversichtlich, die erlittene Ertragsscharte im nächsten Jahr auswetzen zu können. Das hiesse, dass Bell wieder auf das Gewinnniveau des Jahres 1999 (31 Mio. Fr. oder 78 Fr. je Aktie) zurückkehren kann. Der Dividendensatz von 8 Fr. je Aktie dürfte deshalb kaum in Gefahr sein. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Bell-Aktien von 6 scheint auf eine krasse Unterbewertung hinzuweisen. Allerdings pendelte diese Relation seit 1995 stets zwischen 2 und 10, sodass sich für diese Ergänzungswerte des Small-cap-Bereichs keine Kaufempfehlung aufdrängt.