Schmeicheleien
Der seit mehr als zwei Monaten tobende Bieterkampf um das Medizinaltechnik-Unternehmen Centerpulse wird längst nicht mehr nur mit pekuniären Argumenten geführt.
Der seit mehr als zwei Monaten tobende Bieterkampf um das Medizinaltechnik-Unternehmen Centerpulse wird längst nicht mehr nur mit pekuniären Argumenten geführt. Von beiden Bietern, Smith & Nephew und Zimmer, werden auch so genannte kulturelle Werte bemüht. Damit angefangen hat Smith & Nephew. Herausgefordert durch das höhere Angebot Zimmers, sahen sich die Briten genötigt, in seitengrossen Inseraten zu verkünden, warum es ihnen nicht nur ums Geld geht: Smith & Nephew sei auch am «erstklassigen» Produktions- und Technologiestandort Winterthur interessiert. CEO Chris O’Donnell, der bis heute kein höheres Angebot für Centerpulse auf den Tisch gelegt hat, richtete diese Woche einen weiteren Appell an den Schweizer Patriotismus. 25% der Aktionäre von Centerpulse seien Schweizer und die wüssten Smith & Nephews Arbeitsplatzgarantien in Winterthur zu schätzen, wird er vom «Wall Street Journal of Europe» zitiert. Als Anhänger des Werkplatzes Schweiz gibt sich auch Zimmer aus. Finanzchef Sam Leno beschied einer Gruppe von Schweizer Journalisten bei ihrem Besuch am amerikanischen Sitz in Warsaw, dass Winterthur als Produktions-, Forschungs- und Schulungsstandort für Zimmer eine wichtige Rolle spiele (vgl. FuW Nr. 50 vom 25. Juni). Immerhin ging Leno nicht so weit, eine Garantieerklärung für jeden einzelnen Arbeitsplatz abzugeben. Sein Vorgesetzter, CEO Ray Elliott, erklärte seinerseits in Anspielung auf Smith & Nephew, er habe während seines mehrjährigen Aufenthalts in Europa keine besonderen Gemeinsamkeiten zwischen der Schweizer und der britischen Kultur festgestellt. Die Aktionäre von Centerpulse brauchen sich um dieses Geplänkel nicht zu kümmern. Entscheidend ist, wer wie viel für Centerpulse bietet, und dabei sind beide Kaufinteressenten den Anlegern etwas schuldig. Das Angebot Zimmers von 345 Fr. pro Centerpulse-Aktie liegt 8% unter dem am Freitag verzeichneten Kurs von 375 Fr., das von Smith & Nephew sogar 25%. Die an 1.-August-Reden erinnernden Bekenntnisse zum Werkplatz Schweiz sollten für das genommen werden, was sie sind: Nette Worte, die nach der Übernahme niemanden mehr interessieren. Winterthur wird sich dann genauso bewähren müssen wie alle anderen Standorte im vergrösserten Zimmer- oder Smith-&-Nephew-Konzern.Dominik Feldges - Redaktor