SPI-Prognosen mit Vorsicht geniessen
Die Börse lebt von den Zukunftserwartungen ihrer Teilnehmer.
Die Börse lebt von den Zukunftserwartungen ihrer Teilnehmer. Entsprechend gefragt sind deshalb Prognosen über die Marktentwicklung, damit die Investoren ihre Wertschriftenportefeuilles auf die Anlagekategorien mit dem grössten Kurspotenzial ausrichten können. - Vor allem längerfristige Schätzungen sind indes mit grossen Unsicherheiten verbunden. Denn abrupte Stimmungsumschwünge lassen sich kaum prognostizieren. Dies mussten auch die acht von der «Finanz und Wirtschaft» monatlich befragten Analysten feststellen, deren Schätzungen des Swiss Performance Index (SPI) zwischen 1996 und 1998 zunehmend unpräziser geworden waren. - Nachdem im Herbst 1998 die Börsen weltweit massiv korrigiert hatten, wurden auch die Prognosen wieder genauer. Für 1999 wich die Konsensschätzung durchschnittlich nur 6,4% vom tatsächlichen Stand des SPI ab, gegenüber 26% 1998. Am präzisesten schätzten die Analysten der Genfer Privatbank Lombard Odier die Kursentwicklung ein. Deren Prognose wich 1999 durchschnittlich um 5% vom tatsächlichen Wert ab. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres liegt die Zürcher Kantonalbank (ZKB) mit einem Wert von 1,7% vorne (vgl. Tabelle). - Wie die nebenstehende Grafik belegt, lassen sich etliche Analysten in ihrer Marktprognose von den aktuellen Tendenzen leiten. Auf Grund der Euphorie, die im ersten Semester 1998 herrschte, haben sieben Umfrage-Teilnehmer ihr 12-Monats-Kursziel für die Sommermonate 1999 zu optimistisch festgelegt. Nur Beat Käser, der bis September 1998 die Schätzungen für Société-Générale Bank & Trust (SGBT) abgab und die Prognose seither für Darier Hentsch durchführt, liess sich nicht beeindrucken. Nach dem massiven Kurseinbruch sahen sich sechs Umfrageteilnehmer denn auch veranlasst, ihre Ziele nach unten zu revidieren. - Die grosse Bandbreite der SPI-Prognosen für die Sommermonate 1999 spiegelt die Unsicherheit, die Mitte 1998 an den Märkten herrschte. Seither haben sich die Erwartungen der acht Analysten aber deutlich angepasst: Die Seitwärtsbewegung des SPI für 1999 findet sich auch in den Schätzungen für das laufende Jahr wieder. - «Da der SPI 1999 weniger stark schwankte als im Vorjahr, fielen auch die Prognosen präziser aus», erklärt Pierre Tissot, Finanzanalyst von Lombard Odier. Die Genfer Privatbank setzt für ihre Schätzungen einerseits einen quantitativen Ansatz ein, der von den makroökonomischen Daten auf die SPI-Entwicklung schliesst. Andererseits rechnet Lombard Odier die Kursziele der einzelnen Aktien hoch und schätzt so den künftigen Index-Verlauf. Der Mittelwert der beiden Werte ergibt schliesslich das SPI-Kursziel. - Auch die ZKB setzt auf eine Mischung dieser beiden Ansätze, wobei die Finanzanalysten des Staatsinstituts in ihren monatlichen Berechnungen jeweils vom aktuellen Stand des SPI ausgehen. Das mag die Abhängigkeit vieler Schätzungen vom aktuellen Marktverlauf zu erklären. - Trotz den tieferen Prognose-Abweichungen für 1999 und für das laufende Jahr kann sich das Blatt rasch wieder ändern. Sollten sich die Zinsen in den kommenden Wochen stabilisieren, sind die letzten Schätzungen bereits wieder Makulatur. Denn unter diesen Umständen könnte sich der SPI innert Jahresfrist besser entwickeln als das bescheidene Wachstum von 4%, das die acht befragten Auguren Mitte Mai prognostizierten.