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Die Episode wird als überaggressives Marketing von Pharmaunternehmen ohne nachteilige Wirkung auf die Patienten abgehakt werden.
Die Episode wird als überaggressives Marketing von Pharmaunternehmen ohne nachteilige Wirkung auf die Patienten abgehakt werden. Kurzfristig kostet der Vorfall die Pharmagesellschaften Merck und Schering-Plough jedoch über 20 Mrd.$ an Börsenwert. Zudem ist der Turnaround beider Protagonisten in Frage gestellt. Am 30.März empfahl Harlan Krumholz, Kardiologe an der Yale-Universität, Tausenden von zuhörenden Herzspezialisten am American College of Cardiology, Patienten mit Risiko von Gefässverengung die Medikamente Vytorin und Zetia weder als erste noch als zweite Anwendungsalternative zu verschreiben. Die beiden Medikamente versprachen der US-Öffentlichkeit, die von der Cholesterinreduktion besessen zu sein scheint, bessere Wirkung als bisherige einfache Anwendungen. - Die Resultate sind nicht neu. Im Januar 2008 publizierten US-Zeitungen entsprechende Hinweise. Die von der Pharmaindustrie bezahlte Studie lag schon mehr als ein Jahr vor. Darin wurde festgestellt, dass weniger Cholesterin im Blut nicht zu weniger Ablagerungen in den Gefässen führen muss. Das interessiert nun auch die Politik: Senator Charles Grassley will von Merck und Schering-Plough wissen, ob die nachteiligen Resultate vorsätzlich zurückgehalten wurden. Die Unternehmen verweisen dagegen auf die hochkomplexe Messmethode. - Es geht um Milliarden: Cholesterinmedikamente sind die Treiber der US-Pharmaindustrie. 18 Mio. Amerikaner schlucken täglich Pillen, die den Cholesterinspiegel im Blut senken sollen. Im Jahr 2006 setzte die Industrie mit diesen Arzneimitteln 27,8 Mrd.$ um. Das Präparat Vytorin von Schering-Plough ist ein Kombination eines neuen Medikaments mit dem Statin-Produkt Zetia von Merck (das im Jahr 2002 zugelassen wurde). Statine mindern die körpereigene Bildung von Cholesterin. Der zusätzliche Wirkstoff Ezetimib, der in Vytorin enthalten ist, hemmt im Darm die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung. Vytorin erhielt die Zulassung durch die Gesundheitsbehörde wegen der Senkung des Cholesterinspiegels und nicht wegen einer Reduzierung von Gefässverengungen. - Die neusten Resultate werden den Umsatz von Vytorin und Zetia einbrechen lassen. Die Valoren von Schering-Plough und Merck haben am Montag 26 respektive 14,7% eingebüsst. Profitiert haben Pfizer und Astra Zeneca, die mit Lipitor und Crestor «herkömmliche» Cholesterinmedikamente vertreiben. Die Aktien Pfizer legten zu Wochenbeginn 2,1% zu. Für Schering und Merck brechen schwere Zeiten an. Die Cholesterinsenker hätten den Turnaround finanzieren sollen, beide Unternehmen sitzen wie viele Konkurrenten auf dünnen Pipelines und müssen sich gegen Nachahmerprodukte behaupten. WG