Swiss Re will den Gewinn durch einen Zukauf verdichten
Der Rückversicherer Swiss Re schneidet sich mit GE Insurance Solutions ein Filetstück aus dem amerikanischen Mischkonzern General Electric heraus (vgl.
Der Rückversicherer Swiss Re schneidet sich mit GE Insurance Solutions ein Filetstück aus dem amerikanischen Mischkonzern General Electric heraus (vgl. nebenstehenden Kommentar). Für die Nummer fünf unter den Versicherern der Versicherer legt die Nummer zwei 6,8 Mrd.$ auf den Tisch und macht der Erzrivalin Münchener Rück die Rolle des Branchenprimus streitig. Zum Kaufpreis kommen bis Abschluss der Übernahme Mitte 2006 nochmals Buchwertanpassungen von etwa 0,8 Mrd.$, sodass sich die Gesamtvergütung auf 7,6 Mrd.$ beläuft. Diesen schwindelerregenden Dimensionen zum Trotz dürfte die Transaktion allen Beteiligten zugute kommen, auch den Aktionären von Swiss Re. - Er sei sich sehr wohl bewusst, dass viele Grossübernahmen mehr kosten, als sie bringen, sagte der designierte Swiss-Re-Konzernchef Jacques Aigrain am Freitag vor den Medien. In diesem Fall werde es aber anders sein. 2007, also schon im ersten Jahr nach dem Kauf, rechnet Swiss Re mit einer «Gewinnverdichtung je Aktie im hohen einstelligen Bereich». Entsprechend werde auch die Eigenkapitalrendite (Roe) zulegen – sie betrug im ersten Halbjahr 2005 auf Jahresbasis 13%. - Für die Akquisition spricht aus Sicht von Aigrain und dem bis Ende Jahr amtierenden CEO John Coomber eine ganze Reihe von Argumenten: GE Insurance Solutions sei eine ideale Ergänzung zum Geschäftsportefeuille und gerade dort besonders stark, wo Swiss Re an Marktmacht zulegen will. Tatsächlich hat die US-Gesellschaft mit Hauptsitz in Kansas City nicht nur ein kräftiges Standbein in der amerikanischen Sach- und Haftpflichtrückversicherung, sondern ist auch im europäischen Lebenrückgeschäft gut vertreten. Allein in Deutschland, wo Swiss Re jährlich 2 Mrd. Fr. Prämien einnimmt, erweitert sich das Volumen um 24%, wobei besonders die Kunden der GE-Tochter Frankona das Geschäft für Swiss Re versüssen dürften. - Ausgeklammert von der Übernahme bleibt hingegen die Leben- und Krankenrückversicherung von GE in den USA, die einen Buchwert von 1,7 Mrd.$ aufweist. Für diese Einheit habe man sich nicht über den Kaufpreis einigen können, hiess es am Freitag. Ein weiterer Pluspunkt der Übernahme ist die solide finanzielle Ausstattung der Neuerwerbung: Um jeglichen Zweifel an deren Finanzkraft zu zerstreuen, werden die versicherungstechnischen Rückstellungen von GE Insurance Solutions vor dem Handwechsel um 3,4 Mrd.$ kräftig aufgestockt (+23%). - Der Kaufpreis von 6,8 Mrd.$ bezieht sich auf den aktuellen Buchwert der zu übernehmenden Einheiten von 8,9 Mrd.$ – also vor Erhöhung der Reserven. So gesehen konnte Swiss Re sogar einen Abschlag von 24% zum Buchwert heraushandeln. Selbst wenn man die 0,6 Mrd.$ Abschlussberichtigung und die Reservenaufstockung dazu rechnet, ergibt sich im Gesamtpaket kein Aufschlag. - Die beiden beratenden Investmentbanken Morgan Stanley (für Swiss Re) und Goldman Sachs (für GE) haben vor dem Geschäft eine Sorgfaltsanalyse (Due diligence) durchgeführt, die auch die Nichtlebenrück-Reserven von GE Insurance Solutions umfasste. Die Reserven der Gesellschaft wurden zudem bereits zwischen 2000 und 2004 um 7,7 Mrd.$ erhöht, was angesichts der branchenweit leichtfertigen Zeichnungs- und Reservierungspolitik auf dem US-Rückversicherungsmarkt Ende der Neunzigerjahre nicht erstaunen sollte. Man denke nur an die Schwierigkeiten des Schweizer Rückversicherers Converium, der sein US-Geschäft nach Ausbruch einer schweren Unternehmenskrise im vergangenen Jahr stilllegen musste. - Mit dem Rückversicherungsarm von GE hat Swiss Re ein kapitalstarkes und attraktives Unternehmen zugekauft. Die Börse hat denn auch ein erstes, zustimmendes Votum abgegeben: Am Freitag legten Swiss Re gut 1% auf 94 Fr. zu; die Valoren von GE eröffneten in New York 2,4% fester (vgl. Börsenbericht USA auf Seite7). - Noch ist es etwas früh, um die konkrete Wirkung des Deals auf die Aktien von Swiss Re zu beurteilen. Eine Dynamisierung des Kurses wäre allerdings, das Beispiel Julius Bär zeigt es, keine Überraschung. Zur Finanzierung müssen zuerst 7,5 Mrd.$ frisches Kapital beschafft werden – davon bis zu 5,5 Mrd.$ in Aktien und Pflichtwandelanleihen, von denen GE 3 bis 3,8 Mrd.$ übernehmen wird. Als Folge davon wird GE – mit einjähriger Sperrfrist – eine Beteiligung von 10% an Swiss Re halten. Über die Transaktion und die Kapitalbeschaffung wird eine ausserordentliche Generalversammlung im Januar beschliessen. Heutigen Aktionären ist ein Mitmachen in der Kapitalerhöhung, die mit einer Bezugsrechtsemission verbunden sein wird, zu empfehlen. Swiss Re haben neues Profil gewonnen.