Tiefe Umsätze prägen den Handel – Spekulationen um Bayer Versorger-Aktien werden hinterfragt
In Anlehnung an das Wort vom Klagen auf hohem Niveau zeichnete sich dieser Tage der Börsenhandel durch Langeweile von feinster Qualität aus.
In Anlehnung an das Wort vom Klagen auf hohem Niveau zeichnete sich dieser Tage der Börsenhandel durch Langeweile von feinster Qualität aus. Nachdem die Quartalsberichterstattungen in der vergangenen Woche den Höhepunkt erreicht und weder signifikante Überraschungen gebracht noch frühere Prognosen fundamental erschüttert hatte, übte sich der Handel in Frankfurt wieder in der Kunst des Nachmachens amerikanischer Vorgaben. Mit der Euphorie, der Dax könne in einem Zug Höhen von 3500 erreichen oder durchbrechen, scheint es seit einiger Zeit vorbei zu sein. Die Börsenumsätze dümpelten in der noch jungen Woche vor sich hin; eine Richtung war nicht auszumachen. Hier verdichtete sich die Vermutung, die EZB werde demnächst den Euro-Leitzins senken, doch hat der Aktienmarkt längst gelernt, dass auch eine Realisierung des Vorhabens keine dauerhaften Gewinne verheisst. Die geplante Besteuerung auf Aktiengewinne (vgl. Seite 37) nahm konkretere Formen an und wurde auf dem Parkett letztlich als hinnehmbar gewertet. Der Dax gab im Vergleich zu Freitag 0,7% auf 3168,6 nach. - Die Aktien Epcos, die bald in den MDax relegiert werden, waren mit einem Plus von 10% auf 13.65 Euro Gewinner der ersten beiden Handelstage. Die Avance lässt sich am plausibelsten damit erklären, dass der Kurs zuvor wie kaum ein anderer Wert eingebüsst und ein Niveau erreicht hat, das zu spekulativen Engagements verleitet. Zudem lässt sich bei dem kleinen Wert mit einem bescheidenen Einsatz ein grosses Rad drehen. Im Gegensatz zu Epcos ermässigten sich SAP 0,9% auf 82.10 Euro, nachdem der US-Konkurrent Siebel die Software-Zunft mit einer eher pessimistischen Prognose belastet hatte. Siemens notierten 3,8% schwächer auf 45.84 Euro. Nach der Präsentation der Jahreszahlen in der vergangenen Woche scheinen die Investoren zur Einsicht zu gelangen, dass es ein langer, steiniger Weg sein wird, bis die alte Ertragskraft wiedererlangt ist. - Ein Wechsel ohne Deckung bildete bisher das Gerücht, Bayer (+2,7% auf 22.95 Euro) wolle das Pharmageschäft an Glaxo veräussern. Bayer mag zwar mit dem britischen Konkurrenten verhandeln – genau wie mit vielen anderen auch –, doch gilt es hier als unwahrscheinlich, dass sich die Leverkusener Knall auf Fall von ihrer einstigen Geldkuh trennen werden. Von der EU-Kommission kam grünes Licht zur Degussa-Übernahme durch RAG, allerdings steht noch eine ganze Reihe anderer Genehmigungen aus. Degussa (–0,8% auf 25.30 Euro) reagierten kaum. Dass die Aktien der Noch-Mehrheitsaktionärin Eon 3,3% auf 44.37 Euro nachgaben, hat dagegen andere Gründe: Rund um die Versorger türmen sich Bedenken auf, sie hätten ihre Expansion zu schnell und zu teuer vorangetrieben. RWE erlitten einen noch grösseren Verlust und setzten 5,3% auf 28.94 Euro zurück. - MAN (+1,9% auf 12.67 Euro) berichtete von der dünnen Luft im Druckmaschinengeschäft, aber auch von einem Wachstum des Auftragseingangs (vgl. Seite 35). Letzteres sollte der Börse wichtiger sein als ein zufälliger Quartalsausweis. Die Aktien hatten im Vorfeld der Quartalsberichterstattung spürbar angezogen, tendierten nach der Veröffentlichung aber wieder schwächer. Die Einschätzung der Lufthansa wird derzeit stark von dem Thema «Krieg gegen den Terror» geprägt. Die Luftfahrtgesellschaft hat die guten Zahlen zum Cargo-Geschäft unter den Vorbehalt eines drohenden Krieges gestellt, was unausgesprochen auch für das Touristikunternehmen TUI gelten dürfte. Lufthansa ermässigten sich 4,7% auf 10.85 Euro, während sich TUI marktkonform um 0,4% auf 19.16 Euro abschwächten. Die Aufbruchstimmung hat auch Karstadt-Quelle (–8% auf 18.25 Euro) getroffen. Die Quartalszahlen haben enttäuscht, weil noch vor kurzer Zeit höhere Erwartungen geweckt worden waren. - Der Obligationenmarkt hat die labilere Stimmung am Aktienmarkt und die Erwartung einer bevorstehenden Zinssenkung bereits berücksichtigt. Die durchschnittliche Umlaufrendite sank vier Stellen auf 4,17%, die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen um 2 Stellen auf 4,44%.GB