Wer seiner Bank Geld anvertraut, vertraut auf dessen Rückzahlung. Dieses Vertrauen wird mehr und mehr untergraben – auch von den Banken selber. Wer dem Bankenombudsman diese Woche zuhörte, könnte etwas zynisch sagen, es werde alles getan, um die Kunden, vor allem die ausländischen, zu verdriessen.
Um (vermeintlich) steuerunehrliche Kunden loszuwerden, werden Gebühren erhöht oder neue eingeführt. Banklagernde Post kostet bis 1500 Fr. jährlich. Kontoführungsgebühren sind ins Astronomische gestiegen – und Kontoauflösungsgebühren ebenfalls. Das alles ist unter dem Titel Vertragsfreiheit unbedenklich. Wirtschaftlich lassen sich diese Massnahmen mit den gestiegenen Kosten rechtfertigen. Von einer Gewinnexplosion im Private Banking ist jedenfalls nichts zu spüren. Heikel wird es, wenn die Bank ihrem Kunden die Verfügungsgewalt über sein Geld entzieht.
Juristisch umstritten ist die elementare Frage des Bargelds. Gemäss Ombudsmann Marco Franchetti wird der Fall einer deutschen Kundin, der die Bank nur 100 000 Fr. und nicht das gesamte Guthaben von 1 Mio. Fr. am Schalter in bar auszahlen wollte, wohl vor Gericht landen. Und vermutlich gibt es für solches Verhalten der Bank (vieler Banken) keine genügende Rechtsgrundlage. Denn selbst, wenn in den allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen sollte, dass die Bank Barauszahlungen ablehnen kann, so dürfte dies nach Meinung der meisten Kenner dem Obligationenrecht widersprechen.
Die Banken verneinen die Verfügungsfreiheit ihrer (vermutlich steuerunehrlichen) Kunden, weil der Spagat zwischen Schweizer und ausländischem Recht nicht gelingen kann. Der Banker, der die Auszahlung hoher Geldsummen veranlasst oder am Schalter vornimmt, muss in Deutschland mit Strafverfolgung wegen Beihilfe zu Steuerdelikten rechnen. Das wiederum würde prompt auch noch die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma auf den Plan rufen. Sie pflegt die Gewährsfrage zu stellen oder Rügen zu erteilen, wenn die Bank grössere Rechtsprobleme im Ausland hat.
Die nationalen Rechtsordnungen fordern Widersprüchliches. Der Ombudsmann konnte nicht vermitteln, weil die Bank (und die meisten Schweizer Banken) zuerst sich selbst schützen (und in zweiter Linie allenfalls ihre Mitarbeiter) und erst nachher den Kunden. Der Streit um Barauszahlungen zeigt einmal mehr, in was für eine schwierige Lage man die Banken bringt, wenn man sie zur Abklärung der Steuerehrlichkeit ihrer Kunden verpflichtet.
Der Vernehmlassungsentwurf Fidleg/Finig öffnet auch keinen Ausweg, sondern schlägt vor, was es nirgendwo sonst auf der Welt gibt: «Sorgfaltspflichten
zur Verhinderung der Entgegennahme unversteuerter Gelder sollen für alle beaufsichtigten Finanzinstitute einheitlich und im Zusammenhang mit der Gewährspflicht in das Gesetz aufgenommen werden.»